Îòåëü / Hotel Õåéëè Àðòóð

Christine bejahte und erklrte, warum Dr. Aarons noch nicht da war.

Dr. Uxbridge nickte befriedigt. »Dann kann er alles Weitere veranlassen. Ich komme aus Illinois und bin nicht befugt, in Louisiana zu praktizieren.« Er beugte sich ber Albert Wells. »Wie fhlen Sie sich? Besser?« Unter der Plastikmaske versuchte der kleine Mann zu nicken.

Auf dem Korridor hrte man feste Schritte, und gleich darauf erschien Peter McDermotts athletische Gestalt in der Trffnung. »Ich habe Ihre Nachricht bekommen«, sagte er zu Christine und sah zum Bett hinber. »Geht es ihm besser?«

»Ja. Aber ich glaube, wir sind Mr. Wells einiges schuldig.« Sie winkte Peter auf den Korridor hinaus und schilderte ihm die Umquartierung des kleinen Mannes, von der ihr der Boy erzhlt hatte. Als sie sah, wie Peter die Stirn runzelte, fgte sie hinzu: »Falls er hier bleibt, mten wir ihm schnell ein anderes Zimmer geben, und ich knnte mir vorstellen, da sich auch eine Pflegerin ohne allzuviel Mhe beschaffen liee.«

Peter nickte. In einem Mdchenzimmer auf der anderen Seite des Korridors befand sich ein Haustelefon. Er ging hinber und verlangte den Empfang.

»Ich bin im vierzehnten«, sagte er, als sich der Empfang meldete. »Ist in der Etage noch ein Zimmer frei?«

Eine sprbare Pause folgte. Der Empfangschef war einer von den alten Mitarbeitern, die Warren Trent vor vielen Jahren eingestellt hatte. Kaum jemals wurde seine fast automatische und wenig einfallsreiche Arbeitsweise bemngelt. Er hatte Peter McDermott bei mehreren Gelegenheiten zu verstehen gegeben, er knne Neulinge nicht leiden, und schon gar nicht, wenn sie jnger als er und ihm bergeordnet waren und aus dem Norden stammten.

»Also«, sagte Peter, »ist nun ein Zimmer frei oder nicht?«

»Ich habe noch die Nummer 1410«, erwiderte der Angestellte in bestem sdlichem Pflanzerakzent, »aber ich bin gerade im Begriff, sie einem Herrn zu geben, der soeben eingetroffen ist.« Er fgte hinzu: »Falls Sie es noch nicht wissen sollten, wir sind nahezu voll besetzt.«

Die Nummer 1410 war ein Zimmer, an das Peter sich erinnerte. Es war gro und luftig und ging auf die St. Charles Avenue hinaus. »Wenn ich die 1410 nehme, knnen Sie Ihren Mann dann woanders unterbringen?«

»Nein, Mr. McDermott. Ich habe nur noch eine kleine Suite in der fnften Etage, und der Herr mchte keinen hheren Preis zahlen.«

»Schn«, sagte Peter entschieden, »dann geben Sie dem Mann fr heute nacht die Suite zum normalen Zimmerpreis. Morgen knnen wir ihn dann umquartieren. Ich brauche die 1410 fr den Gast von 1439. Schicken Sie bitte sofort einen Boy mit dem Schlssel herauf.«

»Einen Moment, Mr. McDermott.« Bisher hatte sich der Empfangschef um einen leidlich hflichen Ton bemht; nun wurde er ausgesprochen renitent. »Es war immer Mr. Trents Geschftstaktik -«

»Im Augenblick handelt es sich um meine Taktik«, antwortete Peter kurz angebunden. »Und noch eins: Richten Sie Ihrer Ablsung aus, da ich morgen frh eine Erklrung dafr erwarte, warum Mr. Wells aus seinem Zimmer in die Nummer 1439 abgeschoben wurde, und Sie knnen hinzufgen, da es schon en verdammt guter Grund sein mu.«

Er sah Christine an und schnitt ein Gesicht, whrend er den Hrer auflegte.

5

»Du mut verrckt gewesen sein«, fauchte die Herzogin. »Verrckt und von allen guten Geistern verlassen.« Nachdem Peter McDermott die Prsidentensuite verlassen hatte, war sie in den Salon zurckgekehrt und hatte die innere Tr sorgfltig hinter sich geschlossen.

Der Herzog rutschte unbehaglich hin und her, wie immer, wenn seine Frau ihn mit ihren regelmig wiederkehrenden Gardinenpredigten traktierte. »Das Ganze tut mir verdammt leid, altes Mdchen. Femsehen war eingeschaltet. Konnte den Burschen nicht hren. Dachte, er htte sich schon verzogen.« Mit unsicheren Hnden hob er sein Whiskyglas, trank einen guten Schluck und fgte wehklagend hinzu: »Auerdem bin ich noch verteufelt durcheinander.«

»Es tut mir leid! Du bist durcheinander!« In der Stimme seiner Frau lag ein Unterton von Hysterie, eine Schwche, zu der sie sich selten hinreien lie. »Wenn man dich hrt, knnte man glauben, alles wre nur eine Art Spiel. Und dabei ist das, was heute nacht passiert, vielleicht der Ruin -«

»Denk blo nicht, da ich das nicht wei. Wei genau, da es ernst ist. Verdammt ernst.« Er kauerte unglcklich in seinem Ledersessel wie ein Hufchen Elend und erinnerte in diesem Augenblick an den Hamster mit Schnurrbart und Melone der englischen Karikaturisten.

Die Herzogin fuhr anklagend fort: »Ich habe getan, was ich konnte. Nach deiner Wahnsinnstat habe ich mein menschenmgliches versucht, um jedermann einzuhmmern, da wir einen ruhigen Abend im Hotel verbracht haben. Ich erfand sogar einen Spaziergang, fr den Fall, da uns jemand beim Hereinkommen sah. Und dann platzt du in deiner unglaublichen Naivitt dazwischen und verkndest laut und deutlich, da du deine Zigaretten im Wagen vergessen hast.«

»Das hat blo einer gehrt. Dieser Geschftsfhrer oder so. Der hat berhaupt nichts gemerkt.«

»Und ob er etwas gemerkt hat! Ich habe sein Gesicht genau beobachtet.« Die Herzogin bewahrte mhsam ihre Selbstbeherrschung. »Ist dir eigentlich klar, in welcher scheulichen Klemme wir sind?«

»Natrlich.« Der Herzog trank seinen Whisky aus und betrachtete das leere Glas. »Schme mich malos. Wenn du mich nicht berredet httest... und wenn ich nicht besuselt gewesen wre -«

»Besuselt! Du warst betrunken! Du warst betrunken, als ich dich fand, und du bist's auch jetzt noch.«

Er schttelte den Kopf, als wollte er Klarheit in seine Gedanken bringen. »Bin jetzt ganz nchtern.« Nun war er an der Reihe mit Vorwrfen. »Du mutest mir ja unbedingt nachspionieren. Dich einmischen. Konntest mich nicht in Ruhe

»Hr auf damit. Wichtig ist jetzt nur das andere.«

»Du hast mich berredet...«, wiederholte er.

»Wir htten sonst nichts tun knnen. Nichts! Und so haben wir vielleicht noch eine Chance.«

»Verla dich nicht zu fest darauf. Wenn die Polizei erst mal anfngt zu bohren...«

»Dazu mte man uns erst einmal verdchtigen. Deshalb hab' ich den Zwischenfall mit dem Kellner inszeniert und so viel Aufhebens davon gemacht. Es ist zwar kein echtes Alibi, aber fast so gut. Damit habe ich ihnen eingebleut, da wir heute abend hier waren... oder vielmehr, ich htte es ihnen eingebleut, wenn du nicht alles verdorben httest. Ich knnte heulen.«

»Das wundert mich«, sagte der Herzog. »Ich wute gar nicht, da du so weiblich bist.« Er hatte sich im Sessel aufgerichtet und irgendwie seine Unterwrfigkeit ganz oder fast abgeschttelt. Diese chamleonhafte Verwandlungsfhigkeit verblffte alle, die ihn kannten, immer von neuem und veranlate sie zu der Frage, wie er wirklich war.

Die Herzogin errtete, ein Reiz, der ihre statuarische Schnheit noch erhhte. »Das war berflssig.«

»Vielleicht.« Der Herzog stand auf und begab sich zu einem Seitentischchen, wo er sich eine freigebige Portion Whisky ins Glas schttete und ein wenig Sodawasser nachfllte. Seiner Frau den Rcken zuwendend, fgte er hinzu: »Trotzdem kannst du nicht leugnen, da das die Ursache all unserer Schwierigkeiten ist.«

»Ich gebe nichts dergleichen zu. Das mag fr deine Angelegenheiten gelten, aber nicht fr meine. Es war eine Wahnsinnsidee von dir, heute abend in diese scheuliche Spelunke zu gehen, und da du dieses Frauenzimmer mitgenommen hast - «

»Haben das bereits besprochen«, sagte der Herzog erschpft. »Zur Genge. Auf der Rckfahrt. Bevor es passierte.«

»Es freut mich, da etwas von dem, was ich sagte, hngengeblieben ist. Ich hatte nicht damit gerechnet.«

»Deine Worte durchdringen den dicksten Nebel, altes Mdchen. Ich versuche mich dagegen immun zu machen. Hab's aber bisher nicht geschafft.« Er nippte an seinem frischen Drink. »Warum hast du mich geheiratet?«

»Ich glaube, vor allem deshalb, weil du in unseren Kreisen der einzige warst, der etwas getan hat, das der Mhe wert war. Ich hrte immer nur: Der Adel hat sich berlebt. Du schienst zu beweisen, da es nicht so war.«

Der Herzog hob sein Glas und starrte es an. »Jetzt nicht mehr, wie?«

»Nein. Wenn es dennoch den Anschein hat, dann nur, weil ich die Fden ziehe.« »Washington?« fragte er.

»Wir knnten es schaffen, wenn du es fertigbrchtest, weniger zu trinken und im eigenen Bett zu schlafen.«

»Haha!« Er lachte hohl. »Ein verdammt kaltes Bett.«

»Ich sagte bereits, da wir darauf nicht einzugehen brauchen.«

»Hast du dich eigentlich nie gefragt, warum ich dich geheiratet habe?«

»O doch, ich hab' mir so meine Gedanken gemacht.«

»Wenn du das Allerwichtigste wissen willst.« Er nahm noch einen Schluck, als msse er sich Mut antrinken, und murmelte undeutlich: »Wollte dich frs Bett. Schnell. Legal. Wute, das war der einzige Weg.«

»Es wundert mich, da du dir die Mhe gemacht hast. Du brauchtest unter so vielen anderen nur zu whlen - vor unserer Hochzeit und danach.«

Er starrte sie mit blutunterlaufenen Augen an. »Wollte keine andere. Wollte blo dich. Auch jetzt noch.«

»Schlu damit!« sagte sie scharf. »Ich will nichts mehr davon hren.«

Er schttelte den Kopf. »Blo noch eins. Dein Stolz, altes Mdchen. Prachtvoll. Unbndig. Hat mich immer gereizt. Wollte ihn nicht brechen. Wollte nur daran teilhaben. Du auf dem Rcken. Mit gespreizten Oberschenkeln. Leidenschaftlich. Bebend... «

»Sei still! Sei still, du... du Wstling, du!« Ihr Gesicht war wei, ihre Stimme schrill. »Es ist mir egal, ob dich die Polizei erwischt! Ich hoffe, sie tut's! Ich hoffe, du kriegst zehn Jahre!«

6

Nach seiner schnell beendeten Auseinandersetzung mit dem Empfang ging Peter McDermott quer durch den Korridor der 14. Etage und betrat wieder die Nummer 1439.

»Wenn Sie einverstanden sind«, sagte er zu Dr. Uxbridge, »schaffen wir Ihren Patienten in ein anderes Zimmer im selben Stockwerk.«

Der hochgewachsene hagere Arzt, der Christines Hilferuf so rasch gefolgt war, nickte. Er betrachtete die enge Folterkammer mit ihrem Gewirr von Heizungs- und Wasserrohren. »Jeder Wechsel kann nur von Vorteil sein.«

Whrend der Arzt ans Bett und zu dem Patienten zurckkehrte, der eben wieder seine Fnf-Minuten-Dosis Sauerstoff bekam, meinte Christine: »Jetzt brauchen wir nur noch eine Pflegerin.«

»Mit dem Problem kann sich Dr. Aarons befassen«, erwiderte Peter und setzte nachdenklich hinzu: »Das Hotel wird sie engagieren mssen, vermute ich, und das bedeutet, da wir fr die Kosten haften. Glauben Sie, da Ihr Freund Wells zahlen kann?«

Peter und Christine hatten sich in den Korridor zurckgezogen, wo sie sich mit gedmpfter Stimme unterhielten.

»Das macht mir eben Sorgen. Ich glaube nicht, da er viel Geld hat.« Peter bemerkte, da Christine, wenn sie angestrengt nachdachte, ihre Nase auf bezaubernde Art kruselte. Er war sich ihrer Nhe bewut und eines schwachen zarten Duftes, der von ihr ausging.

»Ach was«, sagte er, »in einer Nacht werden uns die Schulden schon nicht ber den Kof wachsen, und morgen frh kann sich das Kreditbro dahinterklemmen.«

Als der Boy mit dem Zimmerschlssel anlangte, warf Christine einen Blick in die Nummer 1410. »Das Zimmer ist bereit«, verkndete sie bei der Rckkehr.

»Es ist am einfachsten, wenn wir die Betten austauschen«, meinte Peter. »Wir rollen Mr. Wells in seinem Bett in die Nummer 1410 und schaffen das andere hierher.« Aber sie stellten fest, da die Trffnung um zwei Zentimeter zu schmal war.

Albert Wells, dessen Atembeschwerden nachgelassen hatten und der wieder Farbe bekommen hatte, erklrte: »Ich bin in meinem Leben so viel gelaufen, da mir ein biche n mehr nicht schaden wird.« Aber Dr. Uxbridge schttelte energisch den Kopf.

Der Chefingenieur verglich den Breitenunterschied. »Ich hnge die Tr aus«, sagte er zu dem Kranken. »Dann flutschen Sie durch wie ein Kork aus der Flasche.«

»Das ist zu umstndlich«, sagte Peter. »Es gibt eine schnellere und bessere Methode - falls es Ihnen recht ist, Mr. Wells.«

Der Kranke nickte lchelnd. Peter beugte sich vor, schlug dem alten Mann eine Decke um die Schultern und hob ihn hoch.

»Sie haben starke Arme, mein Junge«, sagte der kleine Mann. Peter lchelte. Dann schritt er so mhelos, als hielte er ein Kind in den Armen, den Korridor hinunter und in das neue Zimmer.

Fnfzehn Minuten spter hatte sich alles eingespielt, als liefe es auf Nylonrollen. Das Sauerstoffgert war hinbertransportiert worden, obwohl es nicht mehr so dringend bentigt wurde, da in der gerumigen Nummer 1410 die Klimaanlage nicht mit heien Leitungsrohren konkurrieren mute und die Luft frischer war. Der Hausarzt Dr. Aarons war eingetroffen, behbig und jovial wie immer und von einer beinahe sichtbaren Bourbon-Wolke umhllt. Er ging freudig auf Dr. Uxbridges Angebot ein, am nchsten Morgen in beratender Eigenschaft vorbeizuschauen, und machte sich auch eifrig den Vorschlag zu eigen, da Cortison einem erneuten Anfall vorbeugen wrde. Auch eine private Pflegerin, die Dr. Aarons liebevoll benachrichtigt hatte (»Eine wundervolle Neuigkeit, meine Beste! Wir werden wieder einmal das Vergngen haben, zusammenzuarbeiten«), befand sich offenbar schon auf dem Wege nach oben.

Als der Chefingenieur und Dr. Uxbridge sich verabschiedeten, schlummerte Albert Wells friedlich.

Peter folgte Christine in den Korridor und zog die Tr langsam zu. Dr. Aarons marschierte, whrend er auf seine Pflegerin wartete, im Zimmer auf und ab und begleitete sich dazu, pianissimo, mit der Torero-Arie aus Carmen. (»Pom, pom, pom; pompom; pompompom, pompom...«) Die Tr fiel ins Schlo und schnitt den Gesang ab.

Es war Viertel vor zwlf.

Als sie auf den Lift zusteuerten, sagte Christine: »Ich bin froh, da wir ihn dabehalten haben.«

»Mr. Wells?« fragte Peter berrascht. »Warum htten wir ihn fortschicken sollen?«

»Manche Hotels htten's getan. Sie wissen ja, wie die sind: Es braucht nur was Auergewhnliches zu passieren, und jeder fhlt sich belstigt. Sie wollen blo, da die Leute kommen und gehen und ihre Rechnung bezahlen; das ist alles.«

»Solche Hotels sind Wurstfabriken. Ein richtiges Hotel ist fr den Gast da und leistet ihm Beistand, wenn er ihn braucht. Die besten Hotels haben so angefangen. Leider haben zu viele Leute in unserer Branche das vergessen.«

Sie sah ihn neugierig an. »Sie finden wohl, da wir hier es auch vergessen haben?«

»Da haben Sie recht, verdammt noch mal! Wir denken kaum noch daran. Wenn ich freie Hand htte, wrde sich hier eine ganze Menge ndern...« Er verstummte, leicht beschmt ber seine eigene Heftigkeit. »Schwamm drber. Meistens behalte ich so aufrhrerische Ideen fr mich.«

»Sie drften sie aber nicht fr sich behalten, und wenn Sie's doch tun, sollten Sie sich schmen.« Christine wute, da das St. Gregory in vieler Hinsicht unzulnglich war und in den letzten Jahren hauptschlich von seinem alten Ruhm gezehrt hatte. Gegenwrtig befand sich das Hotel zudem in einer finanziellen Krise, die mglicherweise drastische Vernderungen erzwingen wrde, auch gegen den Willen des Besitzers Warren Trent.

»Es lohnt sich nicht, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen. W. T. hat fr neue Ideen nichts brig.«

»Das ist kein Grund, aufzugeben.«

Er lachte. »Sie reden wie eine Frau.«

»Ich bin eine Frau.«

»Stimmt«, sagte Peter. »Ich fange an, mir darber klarzuwerden.«

Und genauso war es auch, dachte er. Denn solange er Christine kannte - seit seiner Ankunft im St. Gregory -, hatte er sie als gegeben hingenommen. Erst in letzter Zeit hatte er sich immer hufiger bei dem Gedanken ertappt, wie anziehend sie war und wie gut sie aussah. Er fragte sich, welche Plne sie fr den Rest des Abends haben mochte.

Er sagte versuchsweise: »Ich hab' noch nicht zu Abend gegessen; hatte keine Zeit dazu. Haben Sie Lust, mir bei einem spten Souper Gesellschaft zu leisten?«

»Ich liebe spte Soupers«, antwortete Christine.

Als sie im Lift anlangten, sagte er: »Da ist noch eine Sache, die ich nachprfen mchte. Ich hatte Herbie Chandler beauftragt, sich um die Beschwerde in der elften Etage zu kmmern, aber ich traue ihm nicht. Danach bin ich fertig.« Er nahm ihren Arm und drckte ihn leicht. »Wollen Sie in meinem Bro auf mich warten?«

Seine Hnde griffen erstaunlich sanft zu fr jemanden von seiner Gre. Christine musterte von der Seite das krftige, energische Profil mit dem vorspringenden Kinn, das wie aus Stein gemeielt schien. Es war ein interessantes Gesicht, mit einem Zug hartnckiger Entschlossenheit, die in Eigensinn umschlagen konnte. Sie sprte, wie ihre Sinne sich regten. »Gut«, sagte sie. »Ich warte.«

7

Marsha Preyscott wnschte sich sehnlichst, da sie ihren neunzehnten Geburtstag irgendwie anders verbracht htte oder wenigstens auf dem Alpha-Kappa-Epsilon-Verbindungsball im groen Kongresaal des Hotels geblieben wre. Der Lrm des Balles, gedmpft durch die acht dazwischenliegenden Stockwerke und konkurrierende Gerusche, drang bis zu der Suite in der elften Etage und durchs offene Fenster herein. Einer der Jungen hatte es vor einigen Minuten erst gewaltsam geffnet, weil Hitze, Zigarettenrauch und Alkoholdunst in dem vollen Raum unertrglich wurden, sogar fr jene, deren Wahrnehmungsvermgen rapide nachlie.

Es war ein Fehler gewesen, herzukommen. Aber wie immer hatte sie rebellisch nach einer Abwechslung verlangt, und die hatte Lyle Dumaire ihr versprochen. Lyle, den sie seit Jahren kannte, mit dem sie gelegentlich ausging und dessen Vater Prsident einer der hiesigen Banken und mit ihrem eigenen Vater eng befreundet war. Whrend sie miteinander tanzten, hatte Lyle ihr erzhlt: »Das hier ist doch der reinste Kindergarten, Marsha. Ein paar von den Burschen haben eine Suite genommen, und wir waren fast den ganzen Abend ber oben. Dort geht's rund, kann ich dir sagen.« Er schwang sich zu einem mnnlichen Lachen auf, das aber irgendwie zu einem Kichern abrutschte, und fragte dann geradezu: »Warum kommst du nicht auch rauf?«

Ohne lange zu berlegen, hatte sie zugestimmt. Sie waren aus dem Tanzsaal geschlpft und hatten sich in die kleine berfllte Suite 1126-7 begeben, wo ihnen bereits an der Tr warme abgestandene Luftschwaden und schrilles Stimmengewirr entgegenschlugen. Es waren mehr Leute da, als sie erwartet hatte, und sie war auch nicht darauf gefat gewesen, da einige von den Jungen bereits stark angetrunken waren.

Die meisten der anwesenden Mdchen kannte sie, aber nur oberflchlich. Sie begrte sie kurz, obwohl es bei dem Lrm fast unmglich war, sich verstndlich zu machen. Eins der Mdchen, Sue Phillips, das gar nichts sagte, war offenbar hinber, und ihr Begleiter, ein Junge aus Baton Rouge, schttete Wasser ber sie aus einem Schuh, den er im Bad immer wieder nachfllte. Sues rosa Organdykleid triefte vor Nsse.

Die Begrung durch die Jungen fiel etwas herzlicher aus; sie wandten sich jedoch sofort wieder der improvisierten Bar zu, einem Glasschrnkchen, das man auf die Seitegekippt hatte. Jemand - sie war sich nicht sicher, wer - drckte ihr unbeholfen ein volles Glas in die Hand.

Es war auch nicht zu bersehen, da im Nebenzimmer irgend etwas vorging. Die Tr war zwar geschlossen, aber eine Gruppe von Jungen drngte sich vor dem Schlsselloch zusammen. Auch Lyle, der Marsha im Stich gelassen hatte, war dort. Sie schnappte einzelne Satzfetzen auf und die immer wiederkehrende Frage: »Wie war's?« Die Antwort ging jedoch in einem wiehernden Gelchter unter.

Als sie schlielich aus einigen weiteren Bemerkungen erriet, was sich hinter der geschlossenen Tr abspielte, hatte sie nur noch den Wunsch, wegzugehen. Alles war besser als das hier, sogar die groe Villa, in der sie sich entsetzlich einsam fhlte, denn wenn ihr Vater auf Reisen war, wurde sie nur von ihr und den Dienstboten bewohnt. Ihr Vater war aber schon seit sechs Wochen verreist und wrde mindestens noch zwei weitere Wochen wegbleiben.

Beim Gedanken an ihren Vater fiel Marsha wieder ein, da sie jetzt nicht hier wre, wenn er sein Versprechen gehalten und rechtzeitig zu ihrem Geburtstag heimgekommen wre. Dann wre sie nicht zum Verbindungsball gegangen, sondern htte zu Haus gefeiert, und Mark Preyscott htte in seiner unbeschwerten, jovialen Art ber eine Schar ausgewhlter Freunde seiner Tochter prsidiert, Freunde, die gern auf den Alpha-Kappa-Epsilon-Ball verzichtet htten, wenn er mit Marshas Einladung zusammenfiel. Aber er war nicht heimgekommen. Statt dessen hatte er sie reumtig wie immer angerufen, diesmal aus Rom.

»Marsha, Liebling, ich hab's versucht, wirklich, aber ich schaff's nicht. Meine Geschfte werden mich hier bestimmt noch zwei oder drei Wochen lnger festhalten, aber ich mach's wieder gut, wenn ich nach Hause komme, Liebling.« Er erkundigte sich vorsichtig, ob Marsha nicht Lust htte, ihre Mutter und deren neuesten Ehemann in Los Angeles zu besuchen, und als sie schlankweg ablehnte, hatte ihr Vater gesagt: »Na, ich wnsche dir jedenfalls alles Gute und Liebe, und es ist auch schon ein kleines Geburtstagsgeschenk fr dich unterwegs, das dir, glaub' ich, gefallen wird.« Beim vertrauten Klang seiner Stimme htte Marsha am liebsten geweint, lie es aber bleiben, weil sie sich das Weinen schon vor Jahren abgewhnt hatte. Es war auch zwecklos, darber nachzudenken, warum der Eigentmer eines groen Warenhauses mit einem Stab hochbezahlter Geschftsfhrer fester ans Geschft gebunden sein sollte als ein Brojunge. Vielleicht hielten ihn andere Dinge in Rom fest, ber die er natrlich mit ihr nicht sprechen wrde, so wie sie ihm niemals erzhlen wrde, was sich augenblicklich in der Nummer 1126 abspielte.

Als sie sich zum Weggehen entschlo, war sie ans Fenster getreten, um dort ihr Glas abzustellen, und nun kamen die Klnge von »Stardust« von unten zu ihr herauf. Wie bei jedem Fest war jetzt der Zeitpunkt gekommen, wo die Musik auf die alten sentimentalen Schlager zurckgriff, besonders, wenn es sich bei der Band um Moxie Buchanan und seine All-Star Southern Gentlemen handelte, die fast bei allen feudalen Festivitten des St. Gregory aufspielten. Sogar wenn sie vorhin nicht getanzt htte, wrde sie den Klang der Band sofort erkannt haben - der warme, weiche und doch krftige Ton der Blasinstrumente war Moxie Buchanans Gtezeichen.

Sie lehnte unschlssig am Fenster und fragte sich, ob sie in den Tanzsaal zurckkehren sollte, obwohl sie sich ungefhr denken konnte, was sie unten vorfinden wrde: verschwitzte Jungen im Smoking, die nervs an ihren Hemdkragen zupften; einige Tlpel, die sich nach ihrer Alltagskluft sehnten; und Mdchen, die den Waschraum umlagerten und sich hinter der verschlossenen Tr kichernd ihre Geheimnisse anvertrauten; in Marshas Augen hatte das Grnze eine peinliche hnlichkeit mit einem Kinderfest, bei dem Buben und Mdchen sich verkleiden, um Scharade zu spielen. Jungsein war abscheulich langweilig, dachte Marsha oft, zumal, wenn man das Los mit so vielen Gleichaltrigen teilte. Manchmal - wie eben jetzt - sehnte sie sich nach einem etwas reiferen Gefhrten.

Lyle Dumaire hatte sie enttuscht. Er stand noch immer in der Gruppe vor der Verbindungstr, mit gertetem Gesicht, zerknitterter Hemdbrust und schiefsitzender schwarzer Schleife. Marsha wunderte sich, da sie ihn jemals ernst genommen hatte.

Auch andere schickten sich nun zum Gehen an, und das Zimmer leerte sich so schnell, da es den Anschein eines Massenauszugs hatte. Einer der lteren Jungen, von dem sie wute, da er Stanley Dixon hie, kam aus dem Nebenraum, machte die Tr bedchtig hinter sich zu, wies mit dem Kopf nach nebenan und gab eine Erklrung ab, von der Marsha nur einige Worte auffing: »... Mdchen wollen gehen... sagen, sie haben genug... haben Angst... zuviel Tumult...«

«... hab' dir gleich gesagt, wir htten nicht soviel Wirbel machen sollen«, meinte ein anderer.

»Warum nehmen nicht jemand von hier?« Lyle Dumaire hatte seine Stimme nicht mehr ganz unter Kontrolle.

»Tjah, aber wen?« Ihre Augen schweiften abschtzend durch den Raum. Marsha ignorierte ihre Blicke geflissentlich.

Ein paar Freunde von Sue Phillips bemhten sich um das betrunkene Mdchen und versuchten es aufzurichten, jedoch ohne Erfolg: »Marsha! Sue geht's ziemlich schlecht. Kannst du ihr nicht helfen?«

Marsha, die auf dem Weg nach drauen war, blieb widerwillig stehen und betrachtete das Mdchen, das mit offenen Augen in einem Sessel lag, das kindliche Gesicht kreidebleich, mit schlaffem Mund und verschmiertem Lippenstift. Mit einem innerlichen Seufzer sagte sie: »Na schn, helft mir, sie ins Bad schaffen.« Als sie von drei Jungen hochgehoben wurde, fing Sue an zu weinen.

An der Badezimmertr schien einer der Jungen nicht abgeneigt, den beiden Mdchen zu folgen, aber Marsha machte ihm energisch die Tr vor der Nase zu und schob den Riegel vor. Sie wandte sich zu Sue Phillips um, die sich entsetzt im Spiegel betrachtete. Der Schock hat wenigstens das eine Gute, dachte Marsha erleichtert, da er sie zur Vernunft bringt.

»Ich wrde mir an deiner Stelle nicht zu viele Sorgen machen«, bemerkte sie. »Angeblich passiert das jedem von uns mal, und du hast's hinter dir.«

»O Gott! Meine Mutter bringt mich um, wenn sie mich so sieht«, sthnte Sue und machte einen wilden Satz auf das Klosettbecken zu, um sich zu bergeben.

Marsha hockte sich auf den Rand der Badewanne. »Dir wird gleich viel wohler zumute sein. Wenn du fertig bist, wasch ich dir das Gesicht, und du machst dich ein bichen zurecht.«

Den Kopf noch immer ber das Becken gebeugt, nickte das Mdchen klglich.

Als sie zehn oder fnfzehn Minuten spter aus dem Bad kamen, waren alle Gste fort bis auf Lyle Dumaire und seine Kumpane, die in einer Ecke die Kpfe zusammensteckten. An der Tr wartete Sues Begleiter, der Marsha um Hilfe gebeten hatte. Er lief auf sie zu und sagte hastig: »Wir haben vereinbart, da eine von Sues Freundinnen sie zu sich nach Haus mitnimmt, und wahrscheinlich kann Sue auch bei ihr schlafen.« Als er das Mdchen am Arm fate, ging sie folgsam mit. »Unten wartet ein Wagen auf uns. Vielen Dank, Marsha«, rief ihr der Junge ber die Schulter hinweg zu, bevor er mit Sue im Korridor verschwand. Marsha sah ihnen erleichtert nach.

Sie war im Begriff, ihre Stola zu holen, die sie weggelegt hatte, bevor sie sich um Sue Phillips kmmerte, als sie hrte, wie die uere Tr zugezogen wurde. Stanley Dixon stand davor und hatte die Hnde hinter dem Rcken. Das Schlo klickte leise zu.

»He, Marsha«, sagte Lyle Dumaire. »Warum so eilig?«

Marsha kannte Lyle seit ihrer Kindheit, aber nun hatte alles ein ganz anderes Gesicht bekommen. Dies war ein Fremder mit den Allren eines betrunkenen Rowdys. »Ich gehe nach Hause«, erwiderte sie.

»Ach was...« Er stolzierte grospurig auf sie zu. »Sei kein Spielverderber und trink noch was.«

»Nein, danke.«

Als htte er nicht gehrt, bohrte er weiter. »Du bist doch kein Spielverderber, Kleines, oder?«

»Es bleibt natrlich unter uns«, sagte Stanley Dixon. Er hatte eine dumpfe nasale timme mit einem tckischen Unterton. »Ein paar von uns haben schon ihren Spa gehabt. Und das hat uns Appetit gemacht.« Die zwei anderen, deren Namen sie nicht kannte, grinsten.

»Euer Spa interessiert mich nicht«, antwortete sie scharf, war sich aber bewut, da dicht unter der Oberflche die Angst lauerte. Sie ging auf die Tr zu, aber Dixon schttelte den Kopf. »Bitte, bitte, lat mich gehen.«

»Hr zu, Marsha«, kollerte Lyle, »wir wissen, da du scharf drauf bist.« Er kicherte dreckig. »Alle Mdchen sind scharf drauf. Wenn sie nein sagen, meinen sie's gar nicht so. In Wirklichkeit wollen sie sagen: »Kommt und holt's euch.<« Er wandte sich an die anderen. »Stimmt's Kumpel?«

Der dritte Junge sang leise vor sich hin: »That's the way it is. You gotta get in there and get it.«

Alle vier kamen auf sie zu.

Sie wirbelte herum. »Ich warne euch: wenn ihr mich anfat, schrei' ich.«

»Das wr' ein Jammer«, murmelte Stanley Dixon. »Du knntest den ganzen Spa verpassen.« Pltzlich, ohne da er sich zu bewegen schien, war er hinter ihr, prete ihr eine groe verschwitzte Hand auf den Mund und drckte ihr mit der anderen die Arme gegen den Krper. Sein Kopf lag dicht an ihrem, sein Atem roch belkeit erregend nach Whisky.

Sie wehrte sich heftig und versuchte ihn in die Hand zu beien, aber ohne Erfolg.

»Sei vernnftig, Marsha«, sagte Dyle und verzog sein Gesicht zu einem slichen Grinsen. »Du kriegst's auf jeden Fall verpat, also solltest du ebensogut deinen Spa dran haben wie wir. Wenn Stan dich loslt, versprichst du dann, keinen Lrm zu schlagen?«

Sie schttelte wild den Kopf.

Einer von den Jungen packte ihren Arm. »Los, komm schon, Marsha. Lyle sagte, du bist kein Spielverderber. Warum beweist du's uns dann nicht?«

Nun kmpfte sie verzweifelt, aber es war vergebens. Lyle ergriff ihren anderen Arm, und mit vereinter Kraft zerrten sie das Mdchen auf das Schlafzimmer zu.

»Verdammt!« knurrte Dixon. »Einer von euch mu sie an den Beinen nehmen.« Der vierte Junge griff nach ihren Fen und hob sie hoch. Sie versuchte nach ihm zu treten, erreichte damit aber nur, da ihre Pumps zu Boden plumpsten. Mit einem Gefhl von Unwirklichkeit sprte Marsha, wie sie durch die Tr geschleppt wurde.

»Ich frag' dich zum letzten Male«, sagte Lyle drohend. Die Tnche guter Laune war inzwischen abgeblttert. »Machst du freiwillig mit oder nicht?«

Marshas einzige Antwort bestand in einem wtenden Aufbumen.

»Zieht sie aus«, sagte jemand, und eine andere Stimme - die des Jungen, der sie an den Beinen hielt - murmelte unschlssig: »Sollten wir's nicht lieber sein lassen?«

»Keine Bange.« Das war Lyle Dumaire. »Uns passiert schon nichts. Ihr alter Herr hurt in Rom herum.«

In dem Raum standen Doppelbetten. Trotz heftiger Gegenwehr wurde Marsha auf das zunchststehende Bett gedrckt. Einen Moment spter lag sie quer darauf, und unerbittliche Hnde bogen ihren Kopf brutal zurck, bis sie nur noch die Zimmerdecke sehen konnte, deren einstmals weier Anstrich grau geworden und in der Mitte, ber der Lampe, mit einem Stuckornament verziert war. Im Lampenschirm hatte sich Staub angesammelt, und daneben befand sich ein gelber Wasserfleck.

Mit einem Male ging die Deckenbeleuchtung aus, aber der Raum wurde noch immer schwach erhellt vom Schein einer anderen Lampe, die man angelassen hatte. Dixon hatte seinen Griff gendert. Er hockte auf der Bettkante, neben ihrem Kopf, aber die eiserne Klammer um ihren Krper und ber ihrem Mund hielt so fest wie zuvor. Sie sprte andere Hnde auf ihrem Leib, und Hysterie erfate sie. Sie krmmte sich und versuchte zu treten, konnte aber die Beine nicht bewegen. Sie versuchte sich auf den Bauch zu rollen und hrte, wie ihr Balenciagakleid zerri.

»Ich bin der erste«, sagte Stanley Dixon. Er atmete schwer. »Einer von euch mu rberkommen und mich hier ablsen.«

Schritte kamen leise auf dem Lufer um das Bett herum. Ihre Beine wurden noch immer fest heruntergedrckt, aber Dixons Hand auf ihrem Gesicht bewegte sich, und eine andere schob sich an ihre Stelle. Das war eine gnstige Gelegenheit. Als die neue Hand sich ber ihren Mund legte, bi Marsha mit aller Kraft zu. Ihre Zhne gruben sich in Fleisch und stieen auf den Knochen.

Ein Schmerzensschrei gellte, und die Hand verschwand.

Marsha holte tief Luft und kreischte. Sie kreischte dreimal und schlo mit dem verzweifelten Ruf: »Hilfe! Bitte, zu Hilfe!«

Erst beim letzten Wort schlug ihr Stanley mit der Hand so derb auf den Mund, da ihr fast die Sinne schwanden. »Du Bldian!« hrte sie ihn knurren. »Du verdammter Idiot!«

»Aber sie hat mich gebissen!« Der Junge wimmerte vor Schmerz. »Die Schlampe hat mich in die Hand gebissen!«

Dixon sagte wtend: »Was hast du erwartet? Da sie dir die Hand kt? Jetzt kriegen wir das ganze gottverdammte Hotel auf den Hals!«

»Los, hauen wir ab!« drngte Lyle Dumaire.

»Haltet den Rand!« kommandierte Dixon. Die vier Jungen lauschten stumm.

»Es rhrt sich nichts«, flsterte Dixon. »Ich schtze, keiner hat was gehrt!«

Nun war alles aus, dachte Marsha trostlos. Trnen trbten ihr die Sicht. Alle ihre Kraft verlie sie. Sie war nicht mehr imstande, weiterzukmpfen.

Jemand klopfte an die uere Tr. Drei energische kurze Schlge.

»Verdammt!« flsterte einer von den Jungen. »Man hat uns doch gehrt.« Er fgte mit einem chzen hinzu: »O Gott -meine Hand!«

»Was machen wir jetzt?« fragte ein anderer nervs.

Das Klopfen wurde wiederholt, diesmal noch energischer.

Nach einer Pause rief eine Stimme von drauen: »ffnen Sie bitte die Tr. Ich habe jemanden um Hilfe rufen hren.« Der Mann sprach mit einem weichen sdlichen Akzent.

Lyle Dumaire wisperte: »Es ist nur einer, und er ist allein. Vielleicht knnen wir ihn abwimmeln.«

»Gute Idee! Ich gehe«, flsterte Dixon. Er fgte leise hinzu: »Haltet sie ja fest. Sie darf keinen Mucks von sich geben.«

Eine andere Hand legte sich ber Marshas Mund, und ein anderer Arm umklammerte ihren Leib.

Ein Schlo klickte; eine Tr ffnete sich quietschend. »Oh!« sagte Stanley Dixon, als wre er berrascht.

»Verzeihen Sie, Sir. Ich bin ein Angestellter des Hotels.«

Das war die Stimme, die sie einen Moment frher gehrt hatten. »Ich kam zufllig vorbei und hrte jemanden schreien.«

»Kamen zufllig vorbei, eh?« wiederholte Dixon in seltsam feindseligem Ton. Dann, als hielte er es fr besser, die Form zu wahren, fgte er freundlicher hinzu: »Na, jedenfalls vielen Dank. Das war blo meine Frau. Sie hat sich vor mir schlafen gelegt und hat schlecht getrumt. Aber sie ist wieder ganz in Ordnung.«

»Nun...« Der andere schien zu zgern. »Wenn Sie sicher sind, da es sonst nichts war.«

»Natrlich. Hat gar nichts zu bedeuten. Es ist nur eins von den Dingen, die dann und wann mal passieren.« Er wirkte berzeugend und war Herr der Lage. Marsha wute, da sich die Tr gleich wieder schlieen wrde.

Seit sie sich entspannt hatte, war ihr aufgefallen, da sich auch der Druck auf ihrem Gesicht vermindert hatte. Nun raffte sie ihre letzten Krfte zusammen, bog sich seitwrts und bekam ihren Mund einen Moment lang frei. »Hilfe!« rief sie. »Glauben Sie ihm nicht! Bitte, helfen Sie mir!« wieder wurde sie brutal am Weitersprechen gehindert.

Drauen entspann sich ein scharfer Wortwechsel. »Lassen Sie mich hinein«, sagte der Unbekannte.

»Das ist ein privater Raum. Ich sagte Ihnen doch schon, da meine Frau unter Alpdrcken leidet.«

»Tut mir leid, Sir, aber ich glaube Ihnen nicht.«

»Na schn, kommen Sie rein.«

Als wollten sie kein Zeugnis gegen sich selbst ablegen, zogen sich die Hnde von Marshas Krper zurck. Sobald sie frei war, rollte sie herum, richtete sich halb auf und blickte zur Tr. Ein junger Neger kam herein. Er schien Anfang der Zwanzig, hatte ein intelligentes Gesicht, war anstndig angezogen und trug das kurze Haar gescheitelt und glatt gebrstet.

Er durchschaute die Situationsofort und sagte streng: »Lassen Sie die junge Dame gehen.«

»Seht euch das an, Jungs«, sagte Dixon. »Seht blo mal, wer uns hier Befehle geben will.«

Marsha nahm undeutlich wahr, da die Tr zum Korridor noch immer leicht offenstand.

»Okay, Nigger«, schnarrte Dixon, »du hast's so gewollt.« Seine rechte Faust schnellte fachgerecht nach vorn; er bertrug die ganze Kraft seiner breiten massigen Schultern in den Schlag, der den jungen Neger gefllt htte, wenn er sein Ziel getroffen htte. Aber der wich geschickt aus, der ausgestreckte Arm sauste an seinem Kopf vorbei, und Dixon stolperte nach vorn. Im gleichen Moment fuhr die linke Faust des Negers hoch und landete mit einem harten scharfen Knallen im Gesicht des Gegners.

Irgendwo weiter unten im Korridor ffnete und schlo sich eine Tr.

Eine Hand auf die Wange gepret, sagte Dixon: »Du gottverdammter Schuft!« Dann wandte er sich zu seinen Gefhrten um. »Los, gebt's ihm!«

Nur der Junge mit der verletzten Hand hielt sich heraus. Die drei anderen fielen, wie von einem einzigen Impuls angetrieben, gemeinschaftlich ber den jungen Neger her, und er ging unter dem Massenangriff zu Boden. Marsha vernahm das dumpfe Klatschen von Schlgen und auerdem - auf dem Korridor - ein immer lauter werdendes Stimmengewirr.

Auch die vier Jungen wurden von dem Stimmenlrm alarmiert. »Das ganze Hotel ist auf den Beinen«, warnte Lyle Dumaire. »Ich hab' euch gleich gesagt, wir sollten von hier verschwinden.«

Sie rasten auf die Tr zu, an der Spitze der Junge, der sich an der Rauferei nicht beteiligt hatte, die drei anderen in wilder Flucht dicht hinter ihm. Marsha hrte, wie Stanley Dixon irgend jemandem erklrte: »Es gab ein kleines Miverstndnis. Wir holen Hilfe.«

Der junge Neger erhob sich mit blutigem Gesicht vom Boden.

Eine neue gebieterische Stimme bertnte den Tumult im Korridor. »Wo war die Strung, bitte?«

»Wir haben Schreie und danach eine Rauferei gehrt«, antwortete eine Frau erregt. »Dort drin!«

»Ich hatte mich schon vorher beschwert«, knurrte ein Mann erbost, »aber niemand hat sich darum gekmmert.«

Die Tr wurde aufgestoen. Marsha erhaschte einen Schimmer neugierig sphender Gesichter und einer imponierenden, athletischen Gestalt. Dann wurde die Tr von innen geschlossen und die Deckenbeleuchtung angeknipst.

Peter McDermott betrachtete den unordentlichen Raum. »Was ist hier vorgefallen?«

Marsha lag zusammengekrmmt da, von Schluchzen geschttelt. Sie versuchte sich aufzurichten, sank aber kraftlos gegen das Kopfende des Bettes und raffte die Fetzen ihres Kleides ber der Brust zusammen. Schluchzend stammelte sie:

»Sie wollten... mich... vergewaltigen...«

McDermotts Miene verhrtete sich. Sein Blick heftete sich auf den jungen Neger, der an der Wand lehnte und sich mit dem Taschentuch das Blut vom Gesicht wischte.

»Royce!« Kalte Wut funkelte in McDermotts Augen.

»Nein! Nein!« rief Marsha flehend. »Er war's nicht! Er kam mir zu Hilfe!« Sie machte die Augen zu; ihr wurde bel beim Gedanken an weitere Gewalttaten.

Der junge Neger richtete sich auf. Er steckte das Taschentuch weg und sagte spttisch: »Nur zu, Mr. McDermott, warum schlagen Sie mich nicht? Sie brauchten sich danach blo auf einen Irrtum herausreden.«

»Ein Irrtum reicht mir. Ich habe Sie zu Unrecht verdchtigt und mchte mich deswegen bei Ihnen entschuldigen«, erwiderte Peter kurz. Er empfand eine tiefe Abneigung gegen Aloysius Royce, der die Rolle eines Kammerdieners bei dem Hotelbesitzer Warren Trent mit dem Studium der Jurisprudenz an der Loyola-Universitt verband. Vor Jahrzehnten war sein Vater, der Sohn eines Sklaven, Warren Trents Leibdiener, Gefhrte und Vertrauter geworden. Als der alte Mann ein Vierteljahrhundert spter starb, rckte sein Sohn Aloysius, der im St. Gregory geboren und aufgewachsen war, an seine Stelle; er wohnte in der Privatsuite des Hoteleigentmers und durfte, auf Grund einer losen bereinkunft, kommen und gehen, wie es ihm beliebte und seine Studien es erforderten. Aber Peter McDermott fand, da Royce unntig arrogant und herablassend auftrat und jede freundschaftliche Geste mit einer Mischung von Argwohn und aggressiver Feindseligkeit aufzunehmen schien.

»Erzhlen Sie mir, was Sie wissen«, sagte Peter.

»Es waren vier - vier feine weie junge Gentlemen.«

»Haben Sie den einen oder anderen von ihnen erkannt?« Royce nickte. »Zwei.«

»Das drfte gengen.« Peter griff nach dem Telefon.

»Wen wollen Sie anrufen?«

»Die Polizei. Ich frchte, wir mssen sie hinzuziehen.«

Der junge Neger lchelte schwach. »Falls ich Ihnen einen Rat geben darf, ich wrde es nicht tun.«

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