Îòåëü / Hotel Õåéëè Àðòóð

Peter McDermott gehrte zu den wenigen Hotelangestellten, die Booker T. Graham je zu Gesicht bekam. Bald nach seinem Eintritt im St. Gregory hatte Peter sich aufgemacht, die Geographie und das innere Gefge des Hotels bis in die abgelegensten Winkel zu erforschen. Im Verlauf einer solchen Expedition entdeckte er den Verbrennungsofen.

Seitdem schaute Peter gelegentlich vorbei, um persnlich nach dem Rechten zu sehen. brigens helt er es bei den anderen Abteilungen genauso. Dieser Besuche wegen, und vielleicht infolge einer instinktiven gegenseitigen Sympathie, rangierte der junge Mr. McDermott in Booker T. Grahams Augen irgendwie hoch oben dicht unterhalb Gott.

Jedesmal studierte Peter das verschmierte fleckige Schulheft, in dem Booker stolz den Ertrag seiner Arbeit notierte. Er setzte sich zusammen aus den Dingen, die andere Leute wegwarfen und die Booker T. aus den Abfllen herausklaubte. Der wichtigste Einzelposten bestand in Hotelbesteck.

Booker, ein unkomplizierter Mann, fragte sich niemals, wie das Tafelsilber in den Mll gelangte. Erst Peter McDermott erklrte ihm, da es sich um ein chronisches Problem handelte, mit dem alle greren Hotels zu kmpfen hatten. Schuld daran waren zumeist abgehetzte Kellner und Hilfskrfte, die aus Unwissenheit oder Trgheit nicht darauf achteten, da zugleich mit den Speiseberresten, die sie in die Abfalltonnen schtteten, auch ein nicht abreiender Strom von Tafelsilber verschwand.

Bis vor einigen Jahren hatte das St. Gregory seine Abflle gepret, eingefroren und dann auf einen stdtischen Mllabladeplatz befrdert. Aber mit der Zeit nahm der Verlust an Tafelsilber einen so erschreckenden Umfang an, da ein eigener Verbrennungsofen gebaut und Booker T. Graham angestellt wurde, um ihn mit der Hand zu beschicken.

Seine Aufgabe war einfach. Der gesamte Abfall wurde in Tonnen gesammelt, die auf Karren standen. Booker T. schob die Karren nacheinander in den Hof, breitete den Inhalt der Tonnen auf einem groen Blech aus und harkte ihn wie der Grtner ein Beet. Wenn dabei irgendeine Beute zutage gefrdert wurde, wie Flaschen, Glser, Tafelsilber und gelegentlich auch Schmuckstcke von Gsten, fischte Booker T. sie heraus. Dann wurde der durchsortierte Mll in den Ofen geschoben und die nchste Ladung in Angriff genommen.

Die Ausbeute der vergangenen Nacht zeigte, da das Gesamtergebnis fr den fast abgelaufenen Monat dem normalen Durchschnitt entsprach. Es handelte sich um beinahe 2000 Stck Tafelsilber, im Wert von je einem Dollar fr das Hotel, um etwa 4000 Flaschen, Wert zwei Cents pro Stck, 800 intakte Glser, je ein Vierteldollar, und auerdem eine reiche Auswahl anderer Gegenstnde, unter denen sich - unbegreiflicherweise - auch eine silberne Suppenterrine befand. Dem Hotel wurden dadurch jhrlich an die vierzigtausend Dollar erspart.

Booker T. Graham, der in der Woche 38 Dollar verdiente, war mit seiner Arbeit fertig, zog sich seine schmierige Jacke an und ging heim.

Inzwischen war der Betrieb am Personaleingang, einem schmutzigbraunen Backsteintor in einer Seitenstrae der Common Street, immer strker geworden. Allein und zu zweien trpfelten Leute von der Nachtschicht hinaus, whrend die von der ersten Tagschicht aus allen Teilen der Stadt in stndig wachsender Flut hereinstrmten.

Im Kchentrakt wurden Lichter angeknipst, morgendliche Gehilfen vertauschten in den angrenzenden Umkleiderumen ihren Straenanzug gegen frische weie Kittel und verwandelten sich in Kche. In wenigen Minuten wrden sie mit der Zurstung der 1600 Hotelfrhstcke beginnen und gleich danach - lange, bevor die letzte Portion Rhrei mit Schinken am spten Vormittag serviert war - die fr den heutigen Tag angesetzten 2000 Lunchportionen in Angriff nehmen.

In dem Gewimmel summender Kessel, riesiger fen und anderer Grokchenapparaturen sorgte ein kleines Paket Qukerflocken fr eine anheimelnde Note. Es war fr die wenigen Unentwegten bestimmt, die, wie jedes Hotel wute, zum Frhstck Porridge verlangten, ohne sich darum zu kmmern, ob die Auentemperatur fnf Grad unter Null oder vierzig Grad Wrme im Schatten war.

In der Kchenbratstation berprfte Jeremy Boehm, ein sechzehnjhriger Kchenjunge, den groen Tiefbrater, den er vor zehn Minuten eingeschaltet hatte. Instruktionsgem hatte er ihn auf 95 Grad eingestellt, so da die Temperatur spter schnell auf die erforderlichen 165 Grad erhht werden konnte. Fr das Men des Hauptrestaurants war als Lunch-Spezialitt Brathhnchen nach Art des Sdens vorgesehen, und so wrde der Brater an diesem Tag viel zu tun bekommen.

Jeremy stellte fest, da das Fett im Brater ordnungsgem hei geworden war, aber er fand, da es wesentlich mehr rauchte als sonst, trotz des berhngenden Rauchfangs und des eingeschalteten Ventilators. Er fragte sich, ob er seine Beobachtung melden sollte, wobei ihm einfiel, da ein Assistent des Kchenchefs ihn erst gestern scharf zurechtgewiesen hatte, weil er sich fr die Saucenzubereitung interessierte; das, wurde ihm bedeutet, ging ihn nichts an. Jeremy zuckte mit den Schultern. Der Brater ging ihn auch nichts an. Sollte sich ein anderer damit herumrgern.

Einen halben Block entfernt, in der Hotelwscherei, gab es bereits rger, wenn auch nicht gerade ber Rauchentwicklung.

Die Wscherei, ein geschftiger, dunstiger Bezirk, war fr sich allein in einem lteren zweistckigen Gebude untergebracht und vom Haupttrakt des St. Gregory aus durch einen breiten Kellertunnel zu erreichen. Mrs. Isles Schulder, die temperamentvolle, scharfzngige Leiterin der Wscherei, war vor einigen Minuten - wie immer als erste - in ihrem Wirkungsbereich eingetroffen. Im Moment galt ihre Sorge einem Stapel schmutziger Tischwsche. Im Laufe eines Arbeitstages bewltigte die Wscherei etwa 25ooo Wschestcke, angefangen von Frottiertchern und Bettlaken ber Schrzen und Kittel der Kellner und des Kchenpersonals bis zu den lbeschmierten Overalls der Techniker. Das meiste erforderte die bliche Routinebehandlung, aber letzthin hatte eine lstige Unsitte in emprender Weise Schule gemacht. Die Urheber waren Geschftsleute, die ihre Berechnungen auf dem Tischtuch anstellten und dazu Kugelschreiber benutzten.

»Wrden die Ferkel das bei sich z Hause auch machen?« fauchte Mrs. Schulder den Arbeiter an, der Nachtdienst gehabt und die anstigen Tcher aus einem Haufen normal verschmutzter Tischwsche aussortiert hatte. »Verdammt -wenn sie's tten, wrden ihnen ihre Frauen ganz schn in den Arsch treten. Ich wei gar nicht mehr, wie oft ich diesen Hampelmnnern von Oberkellnern schon gesagt habe, sie sollten ein Auge drauf haben und dem Geschmier ein Ende machen, aber nein... denen ist das doch ganz egal!« Sie ffte mit tiefer Stimme einen Kellner nach. »Jawohl, Sir, aber gewi, Sir, steh' Ihnen ganz zu Diensten, Sir. Kritzeln Sie ruhig das Tischtuch voll, Sir, und hier ist noch ein Kugelschreiber, Sir. Solange ich ein fettes Trinkgeld kriege, schert mich die gottverdammte Wscherei einen Dreck!«

Mrs. Schulder verstummte. »Gehen Sie nach Haus«, sagte sie gereizt zu dem Arbeiter, der sie mit aufgerissenem Mund anstarrte. »Den ersten rger hab' ich weg, und Sie sind schuld dran.«

Ein Glck, da sie den Packen abgefangen hatte, bevor er im Wasser landete, dachte sie, als der Mann abgezogen war. Sobald Kugelschreibertinte erst einmal na geworden war, konnte man das Tischtuch praktisch abschreiben, denn gegen solche Flecken half kein Mittel, auer Dynamit. So wrde sich Nellie die Expertin im Fleckenentfernen - heute mit Tetrachlorkohlenstoff an die Arbeit machen, und wenn sie Glck hatten, wrden sie den grten Teil des Packens retten. Aber auch dann - dachte Mrs. Schulder grimmig - htte sie gern ein Wrtlein mit den Schmierfinken gesprochen, die all die Scherereien verursacht hatten.

Und so lief berall im ganzen Hotel der Betrieb an. Vor und hinter den Kulissen - in der Wirtschaftsabteilung, den Bros, der Schreinerei, Bckerei, Druckerei, Installation, im Einkauf, in der Innendekoration, der Magazinverwaltung, der Fernsehreparaturwerkstatt - begann ein neuer Tag.

2

In seiner privaten Sechs-Zimmer-Suite in der fnfzehnten Etage stieg Warren Trent von dem Friseursessel, in dem Aloysius Royce ihn rasiert hatte. Ein stechendes Zucken seines Ischiasnervs in der linken Hfte gemahnte ihn daran, da er wieder einen jener Tage vor sich hatte, an denen er sein reizbares Temperament wrde zgeln mssen. Der private Frseursalon befand sich neben einem gerumigen Bad, das auer einem Dampfkabinett und einem in den Boden eingelassenen Becken im japanischen Stil auch ein eingebautes Aquarium enthielt, in dem tropische Fische mit Glotzaugen durch lamelliertes Glas starrten. Warren Trent schritt steifbeinig ins Bad und blieb vor einem wandbreiten Spiegel stehen, um die Rasur zu begutachten. Er fand nichts an ihr auszusetzen, whrend er sein Spiegelbild einer grndlichen Musterung unterzog.

Es zeigte ihm ein tief gefurchtes und zerklftetes Gesicht, einen schlaffen Mund mit einem Anflug von Humor, eine schnabelfrmige Nase und tiefliegende Augen, deren undurchdringlicher Blick kein Geheimnis preisgab. Sein frher kohlschwarzes Haar war nun wei, dicht und noch immer gelockt. Ein Eckkragen mit sorgfltig geknpfter Krawatte vervollstndigte das Portrait eines vornehmen Gentlemans aus den Sdstaaten.

Zu jeder anderen Zeit htte ihm seine peinlich gepflegte Erscheinung Freude gemacht. Aber heute verdunkelte die niedergedrckte Stimmung, die ihn in den letzten Wochen berkommen hatte, alles andere. Heute war also Dienstag. In dieser endgltig letzten Woche zhlte er die Tage - vier Tage, um zu verhindern, da sich sein Lebenswerk in Nichts auflste.

Mit einem rgerlichen Stirnrunzeln ber seine trbseligen Gedanken humpelte der Hotelbesitzer in das Ezimmer, wo Aloysius Royce den Frhstckstisch gedeckt hatte. Neben dem langen Eichenholztisch mit dem gestrkten Leinenzeug und dem blinkenden Tafelsilber stand ein Servierwagen mit Warmhalteplatten, der vor wenigen Sekunden im Eiltempo aus der Hotelkche heraufgebracht worden war. Warren Trent sank schwerfllig in den Sessel, den Royce zurckgeschoben hatte, und wies dann mit der Hand auf den gegenberliegenden Platz. Der junge Neger legte unverzglich ein zweites Gedeck auf und setzte sich. Auf dem Servierwagen stand ein zweites Frhstck bereit, fr jene Gelegenheiten, wenn der alte Mann aus einer Laune heraus von seiner Gewohnheit, allein zu frhstcken, abging.

Whrend er die zwei Portionen Rhrei mit kanadischem Schinken und Maismehlgrtze servierte, blieb Royce stumm, da er wute, da sein Arbeitgeber das Gesprch erffnen wrde, wenn er dazu bereit war. Bisher hatte er sich weder zu Royces zerschundenem Gesicht noch zu den zwei Heftpflastern geuert, die die rgsten Spuren der nchtlichen Auseinandersetzung verdeckten. Schlielich schob Warren Trent seinen Teller zurck und bemerkte: »Halten Sie sich ordentlich ran. Fr uns beide drfte damit bald Schlu sein.«

Royce fragte: »Die Bankleute haben also ihre Meinung ber eine Erneuerung des Kredits nicht gendert?«

»Nein, und sie werden sie auch nicht ndern.« Der alte Mann schlug pltzlich mit der Faust auf den Tisch. »Verflucht noch mal! - und es hat eine Zeit gegeben, wo sie nach meiner Pfeife tanzten und nicht ich nach ihrer. Damals rannten sie mir die Bude ein - Banken, Kreditgesellschaften und all die anderen -und drngten mir ihr Geld frmlich auf.«

»Die Zeiten ndern sich fr uns alle.« Aloysius Royce schenkte Kaffee ein. »Manches wird besser, anderes schlechter.«

»Fr Sie ist's leicht«, sagte Warren Trent grmlich. »Sie sind jung. Sie mssen nicht fast am Ende Ihres Lebens mit ansehen, wie alles, wofr Sie gearbeitet haben, auseinanderfllt.«

So weit war es mit ihm gekommen, dachte er resigniert. Heute in vier Tagen - am Freitag vor Geschftsschlu - wurde eine zwanzig Jahre alte Hypothek auf das Hotelgrundstck fllig, und die Finanzierungsgesellschaft, deren Schuldner er war, hatte es abgelehnt, die Hypothek zu erneuern. Als er von der Entscheidung erfuhr, war er zunchst berrascht, aber nicht beunruhigt gewesen. Eine ganze Reihe anderer Geldgeber wrde nur zu gern einspringen - zweifellos zu einem hheren Zinssatz -, aber, wie immer ihre Bedingungen lauten mochten, sie wrden jedenfalls die erforderlichen zwei Millionen Dollar zur Verfgung stellen. Erst, als er berall - von Banken, Kreditgesellschaften, Versicherungsgesellschaften und privaten Geldgebern - abschlgig beschieden wurde, begann seine ursprngliche Zuversicht zu schwinden. Ein Bankier, den er gut kannte, gab ihm den aufrichtigen Rat: »Hotels wie deine sind nicht mehr gefragt, Warren. Eine Menge Leute sind der Ansicht, da die Zeit der groen Unabhngigen vorbei ist und da heutzutage nur noch die Hotelkonzerne einen vernnftigen Profit herauswirtschaften knnen. Sieh dir doch deine Bilanz mal an. Du hast stndig Geld verloren. Wie kannst du erwarten, da Kreditgeber sich auf ein solches Risiko einlassen?«

Sein Einwand, da es sich um eine vorbergehende Krise handele und da die Bilanz bei besserem Geschftsgang aus dem Bereich der roten Zahlen herauskommen wrde, machte keinen Eindruck. Man glaubte ihm einfach nicht.

In dieser auswegslosen Situation hatte Curtis O'Keefe angerufen und fr diese Woche eine Zusammenkunft in New Orleans vorgeschlagen. »Mir geht es wirklich nur um ein freundschaftliches Gesprch, Warren«, hatte der Hotelmagnat in seinem ungezwungenen, schleppenden texanischen Tonfall erklrt. »Schlielich sind wir zwei ein Paar bejahrter Gastwirte. Wir sollten einander fter sehen.« Aber Warren Trent lie sich von den glatten Worten nicht tuschen; der O'Keefe-Konzern hatte ihm schon frher Offerten gemacht. Die Aasgeier versammeln sich, dachte er. Curtis O'Keefe wrde heute eintreffen, und zweifellos war er ber die finanziellen Nte des St. Gregory genauestens unterrichtet.

Mit einem unterdrckten Seufzer wandte sich Warren Trent nherliegenden Problemen zu. »Sie sind im Nachtbericht genannt«, sagte er zu Aloysius Royce.

»Ich wei. Ich habe ihn gelesen.« Er hatte den Bericht, als er frhzeitig wie immer abgegeben wurde, berflogen und darin folgende Notiz entdeckt: »Beschwerden ber starken Lrm in Zimmer 1126, und darunter in Peter McDermotts Handschrift: »Wurde erledigt von A. Royce und P. McD. Ausfhrlicher Bericht folgt.«

»Nchstens werden Sie vermutlich auch noch meine private Post lesen«, knurrte Warren Trent.

Royce grinste. »Bisher hab' ich's nicht getan. Mchten Sie denn, da ich sie lese?«

Frage und Antwort gehrten zu einem Gesellschaftsspiel, das sie miteinander spielten, ohne es sich einzugestehen. Royce wute ganz genau, da der alte Mann, falls er es unterlassen htte, den Bericht zu lesen, ihm mangelndes Interesse an den Hotelangelegenheiten vorgeworfen htte.

Nun sagte Warren Trent sarkastisch: »Da anscheinend jedermann ber die Ereignisse im Bilde ist, werden Sie's mir nicht verbeln, wenn ich um ein paar Einzelheiten bitte.«

»Keineswegs.« Royce go seinem Arbeitgeber Kaffee nach, »Miss Marsha Preyscott - Tochter des Mr. Preyscott - wurde gestern nacht beinahe vergewaltigt. Mchten Sie, da ich Ihnen mehr darber erzhle?«

Als Trents Miene sich verfinsterte, fragte Royce sich einen Moment lang, ob er vielleicht zu weit gegangen war. Ihr lockeres, unklares Verhltnis beruhte grtenteils auf Przedenzfllen, die Aloysius' Vater vor vielen Jahren gesetzt hatte. Der ltere Royce, der Warren Trent zuerst als Leibdiener und spter als Gefhrte und privilegierter Freund diente, hatte stets seine Meinung offen ausgesprochen, ohne sich um die Konsequenzen zu kmmern, was, in den ersten Jahren ihres Zusammenlebens, Trent in Weiglut versetzt und spter, als es ihnen zur Gewohnheit geworden war, harte Worte zu wechseln, die beiden zu unzertrennlichen Freunden gemacht hatte. Aloysius war fast noch ein Junge, als sein Vater vor zehn Jahren starb, aber er hatte Warren Trents tiefbetrbtes, trnenfeuchtes Gesicht beim Begrbnis des alten Negers nie vergessen. Sie hatten den Mount-Olivet-Friedhof zusammen verlassen, hinter der Neger-Jazzband, die frhlich »O, Didn't He Ramble« spielte, Trent hatte Aloysius an die Hand genommen und barsch gesagt: »Du bleibst bei mir im Hotel, und spter denken wir uns was aus.« Der Junge stimmte vertrauensvoll zu - da seine Mutter bei seiner Geburt gestorben war, blieb er nach dem Tod des Vaters ganz allein zurck -, und ihre gemeinsamen berlegungen hatten ihn zuerst is College gebracht und danach an die Universitt, wo er in einigen Wochen sein juristisches Staatsexamen ablegen wrde. Whrend aus dem Jungen ein Mann wurde, hatte er nach und nach viele von den ehemaligen Pflichten seines Vaters bernommen, und obwohl die grobe Arbeit vom Hotelpersonal getan wurde, leistete er Warren Trent persnliche Dienste, die letzterer, je nach Laune, kommentarlos oder nrgelnd akzeptierte. Dann und wann stritten sie hitzig, vor allem wenn Aloysius, um Trents Erwartungen nicht zu enttuschen, auf einen Kder anbi, den Warren Trent ihm gesprchsweise hinhielt.

Und doch, trotz ihrer Vertrautheit und der Erkenntnis, da er sich Freiheiten herausnehmen konnte, die Warren Trent anderen nie gestattet htte, war sich Aloysius Royce einer haarfeinen Grenze bewut, die er niemals berschreiten durfte. Er fuhr fort: »Die junge Dame rief um Hilfe, und zufllig hrte ich sie.« Er schilderte sachlich seine Rettungsaktion und Peter McDermotts Eingreifen, das er weder lobte noch kritisierte.

Warren Trent hrte aufmerksam zu. »McDermott hat sich ganz richtig verhalten. Warum mgen Sie ihn nicht?«

Nicht zum erstenmal mute sich Royce ber den Scharfblick des alten Mannes wundern. »Vielleicht passen unsere chemischen Eigenschaften nicht zusammen. Oder vielleicht mag ich's auch nicht, wenn groe weie Fuballer beweisen wollen, wie nett sie sind, wenn sie farbige Jungen freundlich behandeln.«

»Sie sind ein Querkopf.« Warren Trent beugte Royce forschend. »Haben Sie schon daran gedacht, da Sie McDermott mglicherweise unrecht tun?«

»Genau; wie ich sagte, vielleicht ist's blo chemisch.«

»Ihr Vater hatte einen Blick fr Menschen. Aber er war viel toleranter als Sie.«

»Ein Hund mag Leute, die ihm den Kopf ttscheln, weil sein Verstand durch Wissen und Erziehung nicht belastet ist.«

»Selbst wenn es so wre, bezweifle ich, ob er gerade diese Worte gewhlt htte.« Trents abschtzender Blick brachte Royce zum Schweigen. Die Erinnerung an seinen Vater beunruhigte ihn stets. Der ltere Royce, dessen Eltern noch Sklaven waren, als er geboren wurde, verkrperte das, was Neger heutzutage verchtlich als »Onkel Tom Nigger« bezeichneten. Der alte Mann hatte alles, was das Leben ihm brachte, heiter, frag- und klaglos hingenommen. Probleme, die ber seinen beschrnkten Horizont hinausgingen, berhrten ihn kaum. Und dennoch hatte er, wie sein Verhltnis zu Warren Trent bewies, eine geistige Unabhngigkeit und eine Menschenkenntnis besessen, die zu tief blickte, als da man sie als bloe Sklavenweisheit abtun konnte. Aloysius hatte seinen Vater innig geliebt, und manchmal verwandelte sich diese Liebe

- so wie jetzt - in ein schmerzliches Sehnen. »Vielleicht hab' ich die falschen Worte benutzt, aber das ndert nichts an ihrem Sinn.«

Warren Trent nickte, ohne sich dazu zu uern, und zog seine altmodische Taschenuhr heraus. »Sagen Sie dem jungen McDermott, da ich ihn sprechen mchte. Bitten Sie ihn herauf. Ich bin heute morgen ein bichen mde.«

Der Hotelbesitzer murmelte versonnen: »Mark Preyscott ist in Rom, wie? Vermutlich mte ich ihn wohl anrufen.«

»Seiner Tochter lag sehr viel daran, da er von der Sache nichts erfhrt«, erwiderte Peter McDermott.

Die zwei saen im ppig ausgestatteten Salon von Warren Trents Suite; der alte Mann lehnte in einem tiefen, bequemen Sessel, die Fe auf einen Schemel gesttzt, Peter sa ihm gegenber.

»Das entscheide immer noch ich«, polterte Warren Trent. »Wenn sie sich in meinem Hotel vergewaltigen lt, mu sie die Folgen tragen.«

»Die Vergewaltigung haben wir im letzten Moment verhindert. Aber ich mchte gern herausbekommen, was sich vorher abgespielt hat.«

»Haben Sie das Mdchen heute morgen schon gesehen?«

»Nein. Miss Preyscott schlief noch, als ich bei ihr vorbeischaute. Ich habe ihr die Nachricht hinterlassen, da ich mit ihr sprechen mchte, bevor sie nach Hause geht.«

Warren Trent seufzte und machte eine abschlieende Handbewegung. »Schn, erledigen Sie das.« Sein Ton verriet, da er von der Sache nichts mehr hren wollte. Es wrde nicht mit Rom telefoniert, dachte Peter erleichtert.

»Ein anderes Problem, das ich auch gern ein fr allemal erledigen wrde, betrifft den Empfang.« Peter beschrieb den Zwischenfall mit Albert Wells und sah, wie Warren Trents Miene sich verfinsterte, als er den eigenmchtigen Zimmertausch erwhnte.

Der alte Mann knurrte: »Wir htten den Raum schon vor Jahren schlieen sollen. Vielleicht wr's besser, wir tten es jetzt.«

»Ich glaube, das ist nicht ntig, vorausgesetzt, wir benutzen ihn nur im uersten Notfall und machen den Gast darauf aufmerksam, auf was er sich einlt.«

Warren Trent nickte. »Kmmern Sie sich darum.«

Peter zgerte. »Ich htte in diesem Zusammenhang gern ein paar spezifizierte Anweisungen ber Zimmertausch im allgemeinen erteilt. Wir hatten schon vorher Beschwerden deswegen, und meines Erachtens mte man in aller Strenge darauf hinweisen, da unsere Gste nicht wie Mbelstcke herumgeschoben werden drfen.«

»Beschrnken Sie sich auf den einen Fall. Wenn ich allgemeine Instruktionen fr ntig halte, erlasse ich sie selbst.«

Die knappe Zurechtweisung war ein typisches Beispiel dafr, was an der Geschftsfhrung verkehrt war, dachte Peter resigniert. Alles war Stckwerk. Man begriff die Notwendigkeit nicht, Fehler bei der Wurzel zu packen und von Grund auf auszumerzen. »Mit dem Herzog und der Herzogin von Croydon gab es auch rger. Die Herzogin wollte Sie persnlich sprechen.« Er erzhlte von der Affre mit den verschtteten Shrimps Creole und gab auch die Version des Kellners Sol Natchez wieder.

»Ich kenne das verdammte Frauenzimmer«, knurrte Warren Trent. »Sie gibt keine Ruhe, bevor der Kellner nicht hinausgeflogen ist.«

»Fr eine Kndigung liegt meiner Meinung nach kein Grund vor.«

»Dann sagen Sie ihm, er soll fr ein paar Tage bezahlten Urlaub nehmen und angeln gehen und sich im Hotel ja nicht blicken lassen. Und wenn er das nchste Mal was verschttet, soll er dafr sorgen, da es kochend hei ist und da er es der Herzogin ber den Kopf giet. Ich vermute, sie hat noch immer diese verdammten Kter.«

»Ja.« Peter lchelte.

In Louisiana war der Aufenthalt von Tieren in Hotelzimmern streng verboten. Im Fall der Croydons hatte sich Warren Trent bereit erklrt, die Anwesenheit der Bedlington-Terrier offiziell nicht zur Kenntnis zu nehmen, unter der Bedingung, da sie durch eine Hintertr hinein- und herausgeschmuggelt wurden. Die Herzogin jedoch stolzierte jeden Tag mit den Hunden provozierend durch die Hotelhalle. Zwei erzrnte Hundebesitzer, deren Lieblingen der Zutritt verwehrt worden war, hatten sich bereits nach dem Grund fr diese Bevorzugung erkundigt.

»Ich hatte gestern nacht Scherereien mit Ogilvie«, berichtete Peter.

Der Gegensto kam schnell. »Ich habe Ihnen schon mal gesagt, Sie sollen Ogilvie in Ruhe lassen. Er ist nur mir verantwortlich.«

»Es erschwert einem aber die Dinge, wenn man -«

»Sie haben gehrt, was ich sage. Vergessen Sie Ogilvie!« Warren Trents Gesicht war rot, aber, wie Peter argwhnte, mehr vor Verlegenheit als vor rger. Die Nachsicht, die Ogilvie zuteil wurde, war unsinnig, und der Hotelbesitzer wute das. Womit mochte der Ex-Polizist seinen Arbeitgeber in der Hand haben?

Das Thema unvermittelt wechselnd, sagte Warren Trent: »Curtis O'Keefe trifft heute ein. Er wnscht zwei nebeneinanderliegende Suiten. Ich habe den Empfang bereits informiert. Aber es ist vielleicht besser, wenn Sie sich selbst um alles kmmern. Im brigen mchte ich benachrichtigt werden, sobald er da ist.«

»Wird Mr. O'Keefe lange bleiben?«

»Keine Ahnung. Kommt drauf an.«

Einen Moment lang versprte Peter eine Aufwallung von Mitgefhl fr den lteren Mann. Was auch immer gegen die Art und Weise eingewandt werden konnte, in der das St. Gregory heute geleitet wurde, fr Warren Trent war es mehr als ein Hotel; es war sein Lebenswerk. Er hatte mit angesehen, wie es aus kleisten Anfngen zur Berhmtheit aufstieg, wie es sich aus einem ursprnglich bescheidenen Gebude zu einem mchtigen Komplex entwickelte, der fast einen ganzen Wohnblock einnahm. Viele Jahre lang hatte das Hotel einen ausgezeichneten Ruf genossen; sein Name rangierte in den Staaten neben denen so renommierter Hotels wie des Biltmore oder des Palmer House in Chikago oder des St. Francis in San Franzisko. Es war gewi schwer fr Trent, sich mit der Tatsache abzufinden, da das St. Gregory, trotz seines vormaligen Ansehens und Ruhms, mit den Zeiten nicht Schritt gehalten hatte. Und dabei war seine Rckstndigkeit weder endgltig noch katastrophal, dachte Peter. Neue Geldmittel und eine energische Fhrung konnten Wunder wirken und vielleicht sogar dem Hotel seine alte Vorrangstellung wiedergeben. Aber wie die Dinge lagen, wrde sowohl das Kapital als auch die Fhrung von auen kommen mssen - vermutlich durch Curtis O'Keefe. Und das erinnerte Peter wieder daran, da seine eigenen Tage im Hotel wohl gezhlt sein wrden.

Der Hotelbesitzer fragte: »Wie sieht's bei uns mit Kongressen aus?«

»Etwa die Hlfte der Chemiker ist bereits abgereist; der Rest geht heute. Die Leute von Gold Crown Cola sind da und auch schon untergebracht. Sie haben dreihundertzwanzig Zimmer genommen, was besser ist, als wir erwartet hatten, und wir haben die Lunch- und Dinnerzahlen entsprechend erhht.« Als der ltere Mann beifllig nickte, fuhr Peter fort: »Der Kongre amerikanischer Zahnrzte beginnt morgen. Aber eine ganze Reihe von Teilnehmern ist schon gestern eingetroffen, und heute werden noch mehr kommen. Insgesamt drften sie zweihundertachtzig Zimmer belegen.«

Warren Trent grunzte befriedigt. Immerhin, dachte er, waren die Neuigkeiten nicht nur schlecht. Kongresse waren das tgliche Brot des Hotelgeschfts, und zwei auf einmal waren eine Hilfe, wenn sie auch leider nicht gengten, um andere krzliche Verluste wettzumachen. Dennoch war die Zahnrztetagung ein Gewinn. Der junge McDermott hatte auf einen glhheien Tip, da frhere Abmachungen des Zahnrztekongresses hinfllig geworden waren, prompt reagiert, war nach New York geflogen und hatte den Veranstaltern mit Erfolg New Orleans und das St. Gregory verkauft.

»Gestern waren wir voll belegt«, sagte Warren Trent. Er fgte hinzu: »In unserem Gewerbe heit's entweder schlemmen oder fasten. Knnen wir die heute eintreffenden Gste unterbringen?«

»Ich hab' die Zahlen gleich heute morgen nachgeprft. An sich mten gengend Zimmer frei werden, aber der Spielraum ist uerst knapp. Wir haben uns bei den Vorbestellungen ein bichen bernommen.«

Wie alle Hotels, akzeptierte das St. Gregory regelmig mehr Vorbestellungen, als es sich nach dem verfgbaren Raum eigentlich leisten konnte. Gleich allen anderen Hotels spekulierte es dabei auf die Tatsache, da von den Leuten, die sich Zimmer reservieren lieen, stets einige wegblieben, und so bestand das Problem darin, den Prozentsatz derjenigen, die ihre Vorbestellungen nicht beanspruchen wrden, richtig abzuschtzen. Meistens bewirkten Erfahrung und Glck, da die Rechnung glatt aufging und smtliche Zimmer belegt waren -der Idealzustand fr jedes Hotel. Aber gelegentlich stimmte die Voraussage nicht, und dann geriet das Hotel in ernstliche Schwierigkeiten.

Es gab keinen klglicheren Moment im Leben eines Hoteldirektors, als wenn er emprten Mchtegern-Gsten, die besttigte Reservierungen hatten, erklren mute, da keine Zimmer mehr frei waren. Es schmerzte ihn als Mitmensch und auch, weil er sich voller Verzweiflung darber klar war, da die Leute, die er wegschickte, nie wieder - wenn es sich irgendwie vermeiden lie - zu ihm zurckkommen wrden.

Peter hatte seine schlimmste Erfahrung auf diesem Gebiet gemacht, als ein Bckerkongre beschlo, einen Tag lnger in New York zu bleiben, damit einige seiner Teilnehmer eine Dampferpartie machen und Manhattan im Mondschein genieen konnten. Zweihundertfnfzig Bcker mit ihren Frauen verlngerten ihren Aufenthalt, unseligerweise, ohne das Hotel darber zu informieren, das fest mit ihrer Abreise rechnete, weil es die Zimmer fr einen Ingenieurkongre brauchte. Bei der Erinnerung an das entsetzliche Durcheinander lief Peter noch jetzt ein kalter Schauer ber den Rcken. In der Hotelhalle hatten Hunderte von erbosten Ingenieuren mitsamt Frauen Lager bezogen, und viele von ihnen schwenkten Vorbestellungen, die schon zwei Jahre vorher eingereicht worden waren. Da auch die anderen Hotels der Stadt berfllt waren, wurden die Neuankmmlinge schlielich auf Motels in den New Yorker Auenbezirken verteilt, bis zum nchsten Tag, an dem die Bcker unschuldig und ahnungslos das Feld rumten. Das Hotel aber mute nicht nur die enormen Taxispesen der Ingenieure bezahlen, sondern auch eine betrchtliche Summe in bar, um einen Proze zu vermeiden, und verlor dabei mehr, als die beiden Kongresse eingebracht hatten.

Warren Trent zndete sich eine Zigarre an und bot McDermott mit einer Handbewegung Zigaretten an. Peter nahm sich eine und sagte: »Ich habe mit dem Roosevelt gesprochen. Falls wir heute abend ins Gedrnge kommen, knnen sie uns mit etwa dreiig Zimmern aushelfen.« Diese Aussicht hatte etwas Trstliches, dachte er - wie ein geheimer Trumpf, der aber nur im uersten Notfall ausgespielt werden durfte. Selbst scharfe Konkurrenten halfen einander in so einer Krise, weil keiner wute, wann er selbst in Bedrngnis geraten wrde.

»Gut«, sagte Warren Trent, eine Rauchwolke ber sich. »Und wie sind die Aussichten fr den Herbst?«

»Enttuschend. Ich habe Ihnen ein Memorandum geschickt ber die zwei groen Gewerkschaftstagungen, die uns durch die Lappen gegangen sind.«

»Warum?«

»Auf den Grund habe ich Sie schon frher hingewiesen. Wir halten an der Rassentrennung fest. Damit verstoen wir gegen das Brgerrechtsgesetz, und das pat den Gewerkschaften nicht.« Peter sah unwillkrlich zu Aloysius Royce hinber, der gerade hereingekommen war und einen Stapel Zeitschriften ordnete.

Ohne aufzublicken, sagte der junge Neger: »Bemhen Sie sich nicht, meine Gefhle zu schonen, Mistuh McDermott« -Royce sprach in dem gleichen bertriebenen Tonfall wie in der Nacht zuvor -, »wir Farbigen sind lngst an so etwas gewhnt.«

Warren Trent, das Gesicht in nachdenkliche Falten gelegt, brummte verdrossen: »Spielen Sie nicht den Clown.«

»Ja, Sir!« Royce lie seine Arbeit im Stich und wandte sich den beiden anderen zu. Seine Stimme klang wieder normal. »Aber ich will Ihnen folgendes sagen: Die Gewerkschaften handeln so, weil sie ein soziales Gewissen haben. Und sie sind nicht die einzigen. Noch mehr Kongresse und auch ganz einfache Leute werden so lange wegbleiben, bis das St. Gregory und andere Hotels zugeben, da die Zeiten sich gendert haben.«

»Antworten Sie ihm«, sagte Warren Trent zu Peter McDermott und wies auf Royce. »Hier, in diesen vier Wnden, nehmen wir kein Blatt vor den Mund.«

»Zufllig bin ich der gleichen Meinung wie er«, antwortete Peter ruhig.

»Und warum, Mr. McDermott?« hhnte Royce. »Weil Sie denken, es ist besser frs Geschft? Weil's Ihnen die Arbeit erleichtert?«

»Das sind gute Grnde. Und wenn's Ihnen Spa macht, sie fr die einzigen zu halten, dann hab' ich nichts dagegen.«

Warren Trent schlug mit der Hand heftig auf die Armlehne des Sessels. »Die Grnde sind unwichtig! Viel wichtiger ist, da ihr verdammte Narren seid - alle beide.«

Es war eine immer wieder auftauchende Frage. Obwohl in Louisiana Hotels, die zu Konzernen gehrten, die Rassentrennung schon vor Monaten nominell aufgehoben hatten, wehrten sich mehrere Unabhngige - angefhrt von Warren Trent und dem St. Gregory - noch immer gegen die nderung. Die meisten fgten sich fr kurze Zeit dem Brgerrechtsgesetz und kehrten dann, sobald die erste Aufregung sich gelegt hatte, in aller Stille zu ihrer seit langem bestehenden Politik der Rassentrennung zurck. Trotz mehrerer anhngiger Musterprozesse hatte es ganz den Anschein, als knnten die Gegner des Gesetzes, untersttzt von starken lokalen Krften, inen jahrelangen Stellungskrieg durchhalten.

»Nein!« Warren Trent drckte erbost seine Zigarre aus. »Was immer auch sonstwo in der Sache geschieht, ich sage, wir sind hier noch nicht reif dafr. Die Gewerkschaftskongresse haben wir also verloren. Na schn, dann mssen wir uns eben auf den Hosenboden setzen und uns was anderes einfallen lassen.«

Vom Salon aus hrte Warren Trent, wie sich die uere Tr hinter Peter McDermott schlo und wie die Schritte des jungen Negers in den kleinen, mit Bchern vollgestopften Raum zurckkehrten, der sein privater Bereich war. In wenigen Minuten wrde Royce, wie er es jeden Tag um diese Zeit tat, zu einer Vorlesung gehen.

Es war sehr still in dem groen Salon; nur die Klimaanlage rauschte, und gelegentlich verirrte sich ein Laut, der die dicken Wnde und isolierten Fenster durchdrang, von drauen herein. Sonnenstrahlen schoben sich zollweise ber den mit Teppichen ausgelegten Fuboden, und whrend er sie beobachtete, sprte Warren Trent, wie stark sein Herz klopfte - eine Folge des Zorns, der ihn vor wenigen Minuten berfallen hatte. Das war vermutlich ein Warnsignal, das er hufiger beachten sollte. Aber heutzutage, so schien es ihm, enttuschten ihn so viele Dinge und machten es ihm schwer, seine Gefhle zu beherrschen, und noch schwerer, Schweigen zu bewahren. Vielleicht entsprangen diese Ausbrche purer Reizbarkeit - der Reizbarkeit des Alters. Aber der tiefere Grund war wohl doch die Empfindung, da ihm soviel entglitt, fr immer aus seiner Reichweite entschwand. Abgesehen davon, hatte er von jeher zu Wutanfllen geneigt -auer in jenen kurzen Jahren, in denen Hester ihm seine Heftigkeit abgewhnte und ihn Geduld und Humor lehrte und er fr eine Weile ihren Rat befolgt hatte. Whrend er still dasa, peinigte ihn die Erinnerung. Es schien so lange her! Vor ber dreiig Jahren hatte er sie als Jungvermhlte ber die Schwelle eben dieses Raumes getragen. Und wie kurz die Zeit war, die sie miteinander verlebt hatten: nur ein paar Jahre, unendlich glckliche Jahre, bis Hester ganz pltzlich an der spinalen Kinderlhmung erkrankte. Die Krankheit ttete sie innerhalb von vierundzwanzig Stunden, und Warren Trent blieb trauernd und allein zurck mit dem Rest seines Lebens noch vor sich -und mit dem St.-Gregory-Hotel.

Es gab nur wenige im Hotel, die sich noch an Hester erinnerten, und sollten sich ein paar von den alten Angestellten ihrer doch entsinnen, dann nur ganz verschwommen und nicht, wie Warren Trent selbst sich ihrer entsann: Fr ihn war sie eine se Frhlingsblume, die ihm seine Tage sanft und sein Leben reich gemacht hatte wie sonst niemand davor oder danach.

In der Stille schien es ihm, als kme eine leichte rasche Bewegung und das Rascheln von Seide von der Tr hinter ihm. Er wandte den Kopf, aber die Erinnerung hatte ihm einen Streich gespielt. Der Raum war leer, und - was ihm selten geschah - die Augen wurden ihm feucht.

Er erhob sich schwerfllig und mit schmerzverzerrtem Gesicht aus dem Sessel. Als er zum Fenster humpelte, bohrte sein Ischias wie ein Messer in seiner Hfte. Er blickte ber die Dachgiebel des Franzsischen Viertels - des Vieux Carre, wie es die Leute neuerdings wieder nannten - zum Jackson Square und zu den in der Sonne schimmernden Trmen der Kathedrale hinber. Jenseits davon war der wirbelnde lehmige Mississippi, und inmitten des Stromes wartete eine Reihe vertut liegender Schiffe auf einen freien Platz an einem der Kais und auf das Lschen. Das war ein Zeichen der Zeit, dachte er. Seit dem achtzehnten Jahrhundert war New Orleans zwischen Armut und Reichtum hin und her gependelt. Dampfschiffe, Eisenbahn, Baumwolle, Sklavenhandel, die Befreiung der Sklaven, Kanle, Kriege, Touristen hatten der Stadt abwechselnd Unglck und Wohlstand gebracht. Im Moment gab es wieder einmal gute Zeiten - aber fr das St.-Gregory-Hotel anscheinend nicht.

War es eigentlich wirklich so wichtig - wenigstens fr ihn selbst? Lohnte es sich berhaupt, um das Hotel zu kmpfen? Warum nicht aufgeben, verkaufen? Curtis O'Keefe wrde ihm einen fairen Preis bieten. Der O'Keefe-Konzern war dafr bekannt, und Trent selbst wrde gut dabei wegkommen. Nachdem er die fllige Hypothek zurckgezahlt und die kleineren Aktionre abgefunden hatte, wrde ihm gengend Geld brigbleiben, um sich fr den Rest seines Lebens so einzurichten, wie es ihm beliebte.

Kapitulation: Vielleicht war das die Lsung. Kapitulation vor den genderten Zeiten. Ein Hotel war schlielich doch nur so und so viele Backsteine und Mrtel. Er hatte versucht, mehr daraus zu machen, war aber am Ende gescheitert. Warum also nicht aufgeben?

Und doch... falls er sich dazu entschlo, was blieb ihm dann eigentlich noch?

Nichts. Ihm blieben nicht einmal die Geister, die durch diese Rume wandelten. Er blieb nachdenklich am Fenster stehen, mit seinen Blicken die Stadt liebkosend, die sich vor ihm ausbreitete. Auch sie hatte Umwlzungen erlebt, war franzsisch, spanisch und amerikanisch gewesen und hatte sich dennoch irgendwie immer ihr eigenes Gesicht bewahrt - ihre einmalige Individualitt in einer Epoche der Gleichmacherei.

Nein! Er wrde nicht verkaufen. Noch nicht. Solange Hoffnung bestand, wrde er aushalten. Er hatte noch vier Tage, um das Geld fr die Hypothek irgendwo aufzutreiben, und abgesehen davon waren die gegenwrtigen Verluste eine vorbergehende Sache. Bald wrde sich das Blatt wenden und das St. Gregory wrde wieder zahlungsfhig werden und unabhngig bleiben.

Von seiner Zuversicht erfllt, schritt er quer durch den Raum zum gegenberliegenden Fenster. Seine Augen erhaschten hoch oben am Himmel das Aufleuchten eines Flugzeuges, das von Norden kam. Es war eine Dsenmaschine, die an Hhe verlor und zur Landung auf dem Moisant-Flughafen ansetzte. Er fragte sich, ob sie Curtis O'Keefe an Bord hatte.

3

Als Christine Francis ihn kurz nach halb zehn aufsprte, stand Sam Jakubiec, der untersetzte Kreditmanager, ein Mann mit beginnender Glatze, im hinteren Teil des Empfangs und kontrollierte, wie jeden Tag, die Konten der Hotelgste. Seine hastigen, nervsen Bewegungen hatten schon manche Leute zu der irrigen Ansicht verfhrt, da er bei seiner Arbeit nicht allzu grndlich sei. In Wirklichkeit jedoch gab es fast nichts, was dem scharfen, von einem glnzenden Gedchtnis untersttzten Verstand des Kreditmanagers entging, eine Tatsache, die das Hotel vor faulen Kunden bewahrt und ihm den Verlust von Tausenden von Dollar erspart hatte.

Seine Finger tanzten ber den Buchungsautomaten, whrend er durch die dicken Brillenglser nach Name und Zimmernummer sphte, die einzelnen Rechnungsposten berprfte und sich dann und wann auf einem Block Notizen machte. Ohne innezuhalten, blickte er kurz hoch und gleich wieder auf seine Arbeit. »In ein paar Minuten bin ich fertig, Miss Francis.«

»Ich kann warten. Irgendwas Interessantes heute morgen?« Jakubiec nickte. »Einiges.«

»Zum Beispiel?«

Er machte sich wieder eine Notiz. »Zimmer 512, H. Baker. Traf um acht Uhr zehn ein, bestellte um acht Uhr zwanzig eine Flasche Whisky und lie sie auf die Rechnung setzen.«

»Vielleicht putzt er sich die Zhne damit.«

Mit vorgebeugtem Kopf nickte Jakubiec. »Vielleicht.«

Es war jedoch wesentlich wahrscheinlicher, dachte Christine, da H. Baker in der Nummer 512 ein Nassauer war. Jeder Gast, der gleich nach der Ankunft eine Flasche Alkohol bestellte, erregte das Mitrauen des Kreditmanagers. Die meisten Neuankmmlinge, die - nach einer Reise oder einem anstrengenden Tag - rasch etwas trinken wollten, lieen sich ein Mixgetrnk von der Bar heraufschicken. Leute, die gleich ganze Flaschen bestellten, waren oft auf einer Sauftour und hatten vielleicht nicht die Absicht zu zahlen oder konnten es nicht.

Christine wute auch, was als nchstes folgen wrde. Jakubiec wrde eins der Zimmermdchen bitten, unter einem Vorwand in die Nummer 512 zu gehen und den Gast und sein Gepck in Augenschein zu nehmen. Zimmermdchen wuten, wonach sie Ausschau halten muten. Sie hatten feszustellen, ob der Gast ber vernnftige Gepckstcke und gute Bekleidung verfgte, und war beides vorhanden, dann wrde sich der Kreditmanager vermutlich zunchst damit begngen, das Konto des Gastes im Auge zu behalten. Manchmal mieteten sich solide achtbare Brger in einem Hotel ein, um sich in aller Ruhe betrinken zu knnen, und solange sie zahlungsfhig waren und niemanden belstigten, war das ihre Privatangelegenheit.

Stellte sich jedoch heraus, da der Gast weder ber einen Koffer noch andere substantielle Dinge verfgte, dann pflegte Jakubiec persnlich bei ihm vorzusprechen und diskret und hflich auf den Busch zu klopfen. Erwies sich der Gast als kreditwrdig, oder erklrte er sich zu einer Anzahlung bereit, dann trennten sie sich in aller Freundschaft. Besttigte sich jedoch der ursprngliche Verdacht, dann konnte der Kreditmanager sehr massiv werden, und der Gast flog hinaus, bevor eine hohe Rechnung zusammenkam.

»Hier ist noch einer«, sagte Sam Jakubiec zu Christine. »Sanderson, Zimmer 1207. bertrieben groe Trinkgelder.«

Sie betrachtete die Karte, die er in der Hand hielt. Auf ihr waren zwei Posten fr Bemhungen des Zimmerkellners in Rechnung gestellt, und zwar je ein Posten ber ein Dollar 50 und zwei Dollar. Beide Male war ein Trinkgeld von zwei Dollar hinzugefgt und mit der Unterschrift besttigt worden.

»Leute, die nicht zu zahlen beabsichtigen, schreiben oft die grten Trinkgelder auf«, sagte Jakubiec. »brigens reist er sowieso heute ab.«

Wie bei dem anderen zweifelhaften Fall, wrde sich der Kreditmanager auch hier behutsam vortasten. Ehrliche Gste nicht zu vergrmen gehrte auch zu seinem Job und war ebenso wichtig wie das Verhindern von Betrgereien. Nach jahrelanger Erfahrung vermochte ein geschickter Kreditmanager normalerweise ganz instinktiv die Wlfe von den Schafen zu trennen, aber vor Irrtmern war auch er nicht gefeit - zum Schaden des Hotels. Das war der Grund, wie Christine sehr wohl wute, warum Kreditmanager gelegentlich auch in zweifelhaften Fllen Kredit gewhrten oder Schecks annahmen und sich damit auf einen Seiltanz einlieen. Die meisten Hotels

- sogar die vornehmsten - kmmerten sich nicht um die Moral ihrer Gste, weil sie wuten, da sie andernfalls sehr viel Kundschaft einben wrden. Ihnen ging es letzten Endes nur um die Zahlungsfhigkeit des Gastes. Dafr war der Kreditmanager da.

Mit einer einzigen flinken Bewegung legte Sam Jakubiec die Kontenkarten an ihren Platz zurck und schob den Karteikasten zu. »Also, was kann ich fr Sie tun?« fragte er.

»Wir haben eine Privatpflegerin fr die Nummer 1410 engagiert.« Christine berichtete kurz ber Wells' nchtlichen Anfall. »Es beunruhigt mich ein bichen, ob Mr. Wells sich das leisten kann, und ich bin mir nicht sicher, ob er sich klar darber ist, wieviel das kostet.« Sie sagte natrlich nicht, da es ihr mehr um Mr. Wells ging als um das Hotel.

Jakubiec nickte. »Privatpflege geht ins Geld.« Sie verlieen zusammen den Empfang und begaben sich quer durch die nun stark belebte Halle zum Bro des Kreditmanagers, einem kleinen quadratischen Raum hinter dem Portierschalter. Eine rundliche brnette Sekretrin arbeitete direkt vor einer Wand aus Karteifchern.

»Madge«, sagte Sam Jakubiec, »sehen Sie doch mal nach, was wir ber Wells, Albert, da haben.«

Ohne zu antworten, schob sie einen Kasten zu, zog einen anderen auf und bltterte die Karten durch. Dann sagte sie in einem einzigen Atemzug: »Albuquerque, Coon Rapids, Montreal, suchen Sie sich den Richtigen aus.«

»Montreal«, sagte Christine, und Jakubiec nahm die Karte, die ihm die Sekretrin reichte, und berflog sie. »Scheint in Ordnung zu sein. Wohnte sechsmal bei uns. Zahlte bar. Eine kleine Unstimmigkeit, die offenbar ausgebgelt wurde.«

»Darber bin ich im Bilde. Der Fehler lag bei uns.«

Der Kreditmanager nickte. »Meiner Meinung nach besteht kein Grund zur Sorge. Ehrliche Leute hinterlassen ebenso Spuren ihres Verhaltens wie unehrliche.« Er gab der Sekretrin die Karte zurck, und sie ordnete sie wieder ein. Die Karteifcher enthielten Unterlagen ber smtliche Gste, die in den letzten Jahren im Hotel abgestiegen waren. Sam Jakubiec fgte hinzu: »Aber ich werde mich trotzdem mit der Sache befassen und zunchst mal feststellen, wie teuer die Pflegerin kommt, und danach mit Mr. Wells sprechen. Falls er knapp dran ist, knnen wir ihm vielleicht aushelfen und mit dem Rckzahlen Zeit lassen.«

»Danke, Sam.« Christine war erleichtert, denn sie wute, da Jakubiec, der faulen Kunden gegenber unerbittlich war, in einem echten Notfall auch hilfsbereit und mitfhlend sein konnte.

Als sie auf die Tr zuging, rief der Kreditmanager ihr nach: »Miss Francis, wie sieht's ein paar Treppen hher aus?«

»Sie verlosen das Hotel, Sam. Eigentlich wollte ich's Ihnen nicht erzhlen, aber Sie haben's mir abgeluchst.« Sie lchelte.

»Sagen Sie ihnen, wenn sie meine Nummer ziehen, sollen sie sie bis zum nchsten Mal zurckstellen. Ich hab' so schon genug Sorgen.«

Christine vermutete, da der Kreditmanager trotz seines unbekmmerten Tons ebenso um seinen Posten bangte wie viele andere. Die jeweilige finanzielle Lage des Hotels war zwar angeblich eine vertrauliche Angelegenheit, blieb jedoch kaum jemals geheim, und auch diesmal hatte man nicht verhindern knnen, da sich die Neuigkeit von den gegenwrtigen Schwierigkeiten ausbreitete wie eine ansteckende Krankheit.

Sie durchquerte die Halle wieder, beantwortete Guten-Morgen-Gre von Boys, von der Blumenhndlerin des Hotels und von einem Direktionsassistenten, der selbstherrlich hinter seinem Schreibtisch thronte, passierte die Fahrsthle und lief rasch die geschwungene mittlere Treppe hinauf ins Zwischengescho.

Der Anblick des Direktionsassistenten hatte sie an seinen Vorgesetzten Peter McDermott erinnert. Seit gestern nacht hatte sie sehr viel ber ihn nachgedacht. Sie fragte sich, ob ihr Zusammensein die gleiche Wirkung auf ihn gehabt haben mochte. Dann und wann ertappte sie sich bei dem Wunsch, es mchte so sein, aber jedesmal warnte eine innere Stimme sie vor einer berstrzten Beziehung. In den Jahren, in denen sie gelernt hatte allein zu sein, hatte es Mnner in Christines Leben gegeben, aber sie hatte keinen von ihnen ernst genommen. Manchmal dachte sie, da ein Instinkt sie vor allzu enger Bindung an andere Menschen schtzte, um ihr den Schmerz eines erneuten Verlustes zu ersparen. Trotzdem fragte sie sich in diesem Moment, wo Peter sein und was er tun mochte; und sie sagte sich vernnftig, da sie einander im Laufe des Tages bestimmt frher oder spter begegnen wrden.

Als sie wieder in ihrem eigenen Bro im Verwaltungstrakt war, warf sie einen Blick in Warren Trents Bro, aber der Hotelbesitzer hatte seine Wohnung in der 15. Etage noch nicht verlassen. Auf ihrem Schreibtisch stapelte sich die Morgenpost, und mehrere Telefonanrufe muten so bald wie mglich erledigt werden. Sie beschlo zunchst die Angelegenheit zu Ende zu fhren, deretwegen sie beim Kreditmanager gewesen war. Sie griff nach dem Telefonhrer und verlangte Zimmer 1410.

Eine weibliche Stimme - wahrscheinlich die der Pflegerin -meldete sich. Christine nannte ihren Namen und erkundigte sich hflich nach dem Befinden des Patienten.

»Mr. Wells hatte eine ruhige Nacht«, erwiderte die Stimme, »und sein Zustand hat sich gebessert.«

Christine fragte sich verwundert, warum manche Pflegerinnen sich veranlat fhlten, ihre Ausknfte im Ton offizieller Bulletins zu erteilen, und sagte: »In diesem Fall kann ich vielleicht gleich mal vorbeischauen.«

»Vorlufig geht es leider nicht.« Man hatte den Eindruck, eine Wchterhand werde abwehrend erhoben. »Dr. Aarons besucht heute morgen den Patienten, und ich mchte mich auf seinen Besuch vorbereiten.«

Es klang wie ein Staatsbesuch dachte Christine. Die Vorstellung, da der pompse Dr. Aarons einer ebenso pompsen Pflegerin seine Aufwartung machte, belustigte sie insgeheim. Laut sagte sie: »Gut. Wrden Sie dann Mr. Wells bitte ausrichten, da ichangerufen habe und ihn am Nachmittag aufsuchen werde?«

4

Die unergiebige Besprechung in der Suite des Hotelbesitzers hinterlie in Peter McDermott ein Gefhl der Hoffnungslosigkeit. Alle Unterredungen mit Warren Trent verliefen so, dachte er resigniert, als Aloysius Royce hinter ihm die Tr geschlossen hatte und er den Korridor des fnfzehnten Stockwerkes entlangeilte. Wie schon oft wnschte er sich glhend, man wrde ihm sechs Monate Zeit und freie Hand bei der Verwaltung des Hotels geben.

Unweit der Fahrsthle blieb er stehen und erkundigte sich ber einen Hausanschlu beim Empfang, welche Zimmer fr Curtis O'Keefe reserviert worden waren. Er erfuhr, da es sich um zwei nebeneinanderliegende Suiten in der zwlften Etage handelte, und benutzte die Personaltreppe, um zwei Stockwerke tiefer zu steigen. Wie alle groen Hotels, unterschlug das St. Gregory die dreizehnte Etage und bezeichnete sie statt dessen als vierzehnte.

Die vier Tren der zwei reservierten Suiten standen offen, und aus dem Inneren tnte Peter das Summen eines Staubsaugers entgegen. Zwei Zimmermdchen arbeiteten fleiig unter den kritischen Blicken von Mrs. Blanche du Quesnay, der scharfzngigen, aber uerst tchtigen Ersten Hausdame des St. Gregory, einer rothaarigen Mittvierzigerin. Als Peter eintrat, wandte sie sich um und funkelte ihn mit ihren klugen Augen an.

»Dacht ich mir's doch, da einer von euch Mnnern hier aufkreuzen wrde! Als ob ich nicht selbst imstande wre, nach dem Rechten zu sehen, und nicht von ganz allein wte, da alles tipptopp sein mu fr den hohen Gast!«

Peter grinste. »Regen Sie sich ab, Mrs. Q. Mr. Trent hat mich gebeten, hier vorbeizuschauen.« Er mochte die resolute Frau gern; sie war eine der zuverlssigsten Mitarbeiterinnen. Die beiden Zimmermdchen lchelten. Er zwinkerte ihnen zu und sagte zu Mrs. du Quesnay: »Wenn Mr. Trent allerdings geahnt htte, da Sie sich persnlich um alles kmmern, wre er vllig beruhigt gewesen.«

»Sie sind ein Schmeichler. Falls uns in der Wscherei die Schmierseife ausgeht, werden wir Sie holen«, erwiderte die Hausdame mit einem kaum wahrnehmbaren Lcheln, whrend sie die Kissen zweier Sofas sachkundig zurecht klopfte.

Er lachte. »Sind die Blumen und der Obstkorb bestellt?« Der Hotelmagnat war des unvermeidlichen Obstkorbs vermutlich schon lngst berdrssig; er war die Begrungsformel aller Hotels fr sehr prominente Gste. Aber sein Fehlen konnte mglicherweise unangenehm auffallen.

»Sie sind auf dem Weg nach oben.« Mrs. du Quesnay blickte auf und fgte anzglich hinzu: »Wie ich gehrt hab', bringt sich Mr. O'Keefe seine Blumen selbst mit, und nicht mal in Vasen.«

Peter verstand die Anspielung. Sie bezog sich darauf, da Curtis O'Keefe fast immer in Damenbegleitung reiste, wobei die Damen allerdings hufig wechselten. Er berhrte sie diskret.

Mrs. du Quesnay warf ihm einen blitzschnellen schnippischen Blick zu. »Sehen Sie sich ruhig um. Das kostet nichts.«

Beide Suiten waren, wie Peter bei seinem Rundgang feststellte, einer grndlichen Suberung unterzogen worden. Auf den ordentlich ausgerichteten Mbeln - in Wei und Gold mit einem franzsischen Motiv - lag kein Stubchen. Bettwsche in den Schlafzimmern und Frottiertcher im Bad waren makellos rein und korrekt gefaltet. Waschbecken und Wanne schimmerten in mattem trockenem Glanz, die Toilettensitze waren abgeseift und poliert, die Deckel zugeklappt. Spiegel und Fenster funkelten. Alle Lampen funktionierten, desgleichen die Rundfunk-Fernseh-Kombination. Die Klimaanlage reagierte auf jede Vernderung des Thermostats, obwohl die Auentemperatur nur noch zwanzig Grad betrug. Alles in Ordnung, dachte Peter, als er in der zweiten Suite einen letzten Blick in die Runde warf.

Dann kam ihm pltzlich ein Gedanke. Es fiel ihm ein, da Curtis O'Keefe betont fromm war und gelegentlich seine Frmmigkeit zur Schau zu stellen liebte. Der Hotelier betete oft und meistens in aller ffentlichkeit. Gerchte behaupteten, da er, wenn ihn ein neues Hotel interessierte, darum betete wie ein Kind um ein Spielzeug und da vor den Verhandlungen ein privater Gottesdienst stattfand, dem die Direktoren des O'Keefe-Konzerns pflichtschuldigst beiwohnten. Peter erinnerte sich daran, da der Chef eines konkurrierenden Hotelkonzerns einmal boshaft gesagt hatte. »Curtis verpat keine Gelegenheit zum Beten. Deshalb pinkelt er auch im Knien.«

Dieser Gedanke veranlate Peter, die Gideon-Bibeln zu inspizieren - in jedem Raum eine. Nachher war er froh, da er darauf gekommen war.

Wie immer, wenn sie seit lngerer Zeit im Gebrauch waren, waren die ersten Seiten mit den Telefonnummern von Call-Girls bedeckt, da - wie jeder erfahrene Reisende wute - eine Gideon-Bibel der Ort war, wo man zuerst nach derlei Informationen suchte. Peter hielt Mrs. du Quesnay stumm die zwei Bcher unter die Nase. Sie schnalzte mit der Zunge. »Mr. O'Keefe wird die beiden Exemplare wohl nicht brauchen. Ich lasse neue heraufschicken.«

Die Bibeln unter den Arm klemmend, musterte sie Peter forschend. »Was Mr. O'Keefe mag oder nicht mag, wird wohl knftig hier den Ausschlag geben? Ich meine, ob Leute ihren Job behalten oder nicht?«

Er schttelte den Kopf. »Da bin ich berfragt, Mrs. Q. Ich wei darber genausowenig wie Sie.«

Als er die Suite verlie, sprte er, wie ihm ihre Augen folgten. Mrs. du Quesnay unterhielt von ihrem Verdienst einen invaliden Ehemann, und jede Vernderung, die ihre Stellung bedrohte, war fr sie ein Grund zu echter Sorge. Er empfand aufrichtige Sympathie fr sie, als er im Lift zum Zwischengescho hinunterfuhr.

Im Fall eines Besitzerwechsels wrde sich vermutlich den jngeren und intelligenteren Angehrigen des Personals die Gelegenheit bieten, zu bleiben. Er nahm an, da die meisten von ihnen die Chance ergreifen wrden, da der O'Keefe-Konzern fr sein gutes Betriebsklima bekannt war. ltere Angestellte jedoch, und natrlich vor allem solche, die im Dienst nachlssig geworden waren, hatten Grund zur Beunruhigung.

Als Peter McDermott sich dem Verwaltungstrakt nherte, begegnete er dem Chefingenieur Doc Vickery. Er blieb stehen und sagte: »Fahrstuhl Nummer vier hat gestern nacht Schwierigkeiten gemacht. Ich hab' mich gefragt, ob Sie's schon wissen.«

Der Chef nickte verdrielich mit seinem kahlen gewlbten Schdel. »Es ist ein undankbares Geschft, mit Maschinen umzugehen, in die man von Rechts wegen einen Haufen Geld stecken mte.«

»Ist es denn wirklich so schlimm?« Das Budget fr die technische Abteilung war unlngst gekrzt worden, und Peter hrte zum erstenmal von ernsthaften Schwierigkeiten mit den Fahrsthlen.

Doc Vickery schttelte den Kopf. »Falls Sie meinen, ob wir einen schweren Unfall riskieren, ist die Antwort nein. Ich passe auf die Sicherungsvorrichtungen auf wie ein Luchs. Aber wir hatten schon eine Reihe kleinerer Pannen, und irgendwann wird's auch mal zu einer greren kommen. Es brauchen blo ein paar Kabinen einige Stunden lang steckenbleiben, und der gesamte Hotelbetrieb geht aus den Fugen.«

Peter nickte. Wenn nichts Schlimmeres zu erwarten war, hielt er es fr unntig, sich bermig aufzuregen. »Wieviel wrden Sie brauchen?«

Der Chef sphte ber seine dickrandige Brille. »Frs erste einhunderttausend Dollar. Wenn ich die htte, wrde ich die alten Fahrsthle rausreien und neue einbauen, und ein paar andere Dinge wrde ich auch ersetzen.«

Peter stie einen leisen Pfiff aus.

»Ich will Ihnen was sagen«, erklrte der Chef. »Gute Maschinen sind was Schnes und haben manchmal beinahe was Menschliches. Die meiste Zeit leisten sie mehr, als man ihnen zugetraut hat, und danach, wenn man sie zusammenflickt und ihnen gut zuredet, holt man noch immer eine Menge Arbeit aus ihnen heraus. Aber irgendwann kommt ein toter Punkt, wo's nicht mehr weitergeht, egal wie sehr man selbst - und die Maschine - es auch mchte.«

Peter sann noch ber die Worte des Chefs nach, als er sein Bro betrat. Wo mochte der tote Punkt fr ein ganzes Hotel liegen Fr das St. Gregory war er bestimmt noch nicht gekommen, aber er vermutete, da die derzeitige Geschftsfhrung den ihren schon lngst erreicht hatte.

Auf seinem Schreibtisch lag ein Stapel Post, Berichte und telefonische Mitteilungen. Er griff nach der obersten und las: >Miss Marsha Preyscott hat zurckgerufen und will in Zimmer 555 warten, bis sie von Ihnen hrt.< Die Notiz erinnerte ihn an seinen Vorsatz, mehr ber die nchtlichen Ereignisse in der Nummer 1126-7 herauszufinden.

Noch eins: Er mute mglichst bald bei Christine vorbei schauen. Einige kleinere Dinge, die allerdings nicht wichtig genug waren, um bei der Unterredung heute morgen zur Sprache zu kommen, bedurften einer Rckfrage bei Warren Trent. Gleich darauf zankte er sich grinsend aus: >Hr auf, dir was vorzumachen! Du mchtest sie sehen, und warum auch nicht?<

Whrend er darber nachdachte, was er als erstes tun sollte, schrillte das Telefon. Es war der Empfangschef. »Ich dachte mir, Sie wrden es wissen wollen«, sagte er. »Mr. Curtis O'Keefe ist eben angekommen.«

5

Curtis O'Keefe scho in die geschftige gewlbte Hotelhalle wie ein Pfeil, der einen Apfel durchbohrt. Und der Apfel war leicht angefault, dachte er kritisch. Mit den Augen des erfahrenen Hoteliers sah er die faulen Stellen mit einem Blick. Winzige, aber bedeutsame Anzeichen zeigten ihm, da das Hotel schlecht gefhrt wurde. Eine auf einem Sessel liegengebliebene Zeitung, die nicht weggerumt worden war; ein halbes Dutzend Zigarettenstummel in einer Sandurne bei den Fahrsthlen; der fehlende Knopf an der Uniform eines Boys; zwei ausgebrannte Birnen im Kronleuchter an der Decke. Vor dem Eingang auf der St. Charles Avenue schwatzte der uniformierte Trsteher mit einem Zeitungsverkufer, umwogt vom Strom der Gste und Passanten. Ein lterer Direktionsassistent sa vor sich hin brtend hinter seinem Schreibtisch und schien nichts von alledem zu bemerken.

Htte sich in einem Hotel des O'Keefe-Konzerns das Unwahrscheinliche ereignet, da all diese Mngel zur gleichen Zeit aufgetreten wren, dann htte es ein Donnerwetter, scharfe Verweise und vielleicht sogar einige Kndigungen gegeben. Aber das St. Gregory ist nicht mein Hotel, sagte sich Curtis O'Keefe. Noch nicht.

Er steuerte auf den Empfang zu, ein schlanker, gewandter, einsachtzig groer Mann, der sich in seinem anthrazitgrauen exakt gebgelten Anzug mit tnzelnden Schritten vorwrts bewegte. Dies elastische Trippeln war charakteristisch fr O'Keefe, ob er sich nun auf einem Handballplatz befand, in einem Ballsaal oder auf dem schwankenden Deck seiner seetchtigen Motorjacht »Innkeeper IV«. Fast die ganzen sechsundfnfzig Jahre seines Lebens hindurch war er auf einen geschmeidigen Athletenkrper stolz gewesen, Jahre in denen er sich von einem Niemand der unteren Mittelklasse zu einem der reichsten - und rastlosesten - Mnner in den Vereinigten Staaten hinaufgearbeitet hatte.

Am Empfangstisch schob ihm der Empfangschef nach einem flchtigen Blick einen Anmeldeblock hin. Der Hotelier ignorierte die Geste.

Er erklrte gelassen: »Mein Name ist O'Keefe, und ich habe zwei Suiten reservieren lassen, eine fr mich selbst, die andere auf den Namen von Miss Dorothy Lash.« Am Rande seines Blickfeldes konnte er nun Dodo die Halle betreten sehen: nur Beine und Busen und Sex ausstrahlend wie ein Feuerwerk. Kpfe fuhren herum, den Zuschauern stockte der Atem, wie immer, wenn Dodo in Erscheinung trat. Er hatte sie beim Wagen zurckgelassen, um das Ausladen des Gepcks zu beaufsichtigen. Solche Dinge machten ihr gelegentlich Spa. Alles, was grere geistige Anstrengungen erforderte, berstieg ihren Horizont.

Seine Worte hatten die Wirkung einer gut gezielten Handgranate.

Der Empfangschef erstarrte und straffte die Schultern. Als sein Blick den khlen grauen Augen begegnete, die ihn -mhelos - zu durchbohren schienen, verwandelte sich seine Teilnahmslosigkeit in bereifrige Ehrerbietung. Mit einer nervsen Handbewegung griff er sich instinktiv an die Krawatte.

»Verzeihen Sie, Sir. Mr. Curtis O'Keefe?«

Der Hotelier nickte, flchtig lchelnd, mit ruhigem Gesicht, demselben Gesicht, das einem wohlwollend von einer halben Million Schutzumschlge der Broschre »Ich bin Ihr Wirt« entgegenstrahlte; in jedem Hotelzimmer des O'Keefe Konzerns lag ein Exemplar davon deutlich sichtbar aus, mit folgendem Begleittext: »Dies Bchlein soll Sie unterhalten und erfreuen. Wenn Sie es gern mitnehmen mchten, geben Sie bitte dem Zimmerkellner Bescheid, und er wird es Ihnen mit 1,25 Dollar in Rechnung stellen.«

»Ja, Sir. Ich bin sicher, da die beiden Suiten bereit sind, Sir. Gedulden Sie sich bitte einen Moment.«

Whrend der Angestellte in seiner Reservierungs- und Zimmerliste bltterte, trat O'Keefe einen Schritt zurck, um anderen Neuankmmlingen Platz zu machen. Der Empfang, an dem es vor einigen Minuten noch ziemlich ruhig zugegangen war, erlebte pltzlich einen Massenansturm, wie er sich in jedem groen Hotel mehrmals am Tag abspielt. Drauen, im hellen warmen Sonnenschein, entluden Flughafenbusse und Taxis ihre Passagiere, die - gleich O'Keefe - mit der frhen Dsenmaschine von New York nach dem Sden gereist waren. O'Keefe bemerkte, da ein Kongre im Anzug war. Ein von der gewlbten Decke der Halle herabhngendes Transparent verkndete:

WILLKOMMEN, DELEGIERTE ZUM KONGRESS AMERIKANISCHER ZAHNRZTE

Dodo gesellte sich zu ihm, und zwei mit Gepck beladene Boys folgten ihr wie Megehilfen einer Gttin. Unter dem riesigen Hut, der das lange, weiche aschblonde Haar nicht verbarg, waren die babyblauen Augen in dem makellosen, kindlichen Gesicht wie immer weit geffnet.

»Curtie, ich habe gehrt, da ein Haufen Zahnrzte hier wohnt.«

Er erwiderte trocken: »Ich bin froh, da du's mir gesagt hast. Andernfalls htte ich vielleicht nie etwas davon erfahren.«

»Ich wollte mir doch immer diese Fllung machen lassen. Vielleicht kann ich jetzt... «

»Die Leute sind hier, weil sie ausnahmsweise mal ihre eigenen Schnauzen aufmachen wollen und nicht die von anderen Leuten.«

Dodo machte ein verwirrtes Gesicht, wie so oft, als wren die Geschehnisse um sie herum etwas, das sie eigentlich begreifen mte, aber irgendwie nicht begreifen konnte. Einer von O'Keefes leitenden Angestellten, der nicht ahnte, da sein Bo zuhrte, hatte unlngst ber Dodo geuert: »Ihr Grips sitzt im Ausschnitt; leider kann er sich da nicht uern, er ist zu gut gepolstert.«

O'Keefe wute, da einige seiner Bekannten sich verwundert fragten, warum er ausgerechnet Dodo zu seiner Reisegefhrtin gemacht hatte, obwohl er bei seinem Reichtum und Einflu so ziemlich jede Frau haben konnte, die er wollte. Wovon sie allenfalls etwas ahnten und was sie ganz bestimmt unterschtzten, war Dodos wilde Sinnlichkeit, die sie je nach Wunsch aufdrehen oder zuvorkommenderweise auf kleinem Feuer am Kochen halten konnte. Ihre Einfalt und ihre hufigen Taktlosigkeiten, die andere zu stren schienen, erheiterten ihn nur, vielleicht, weil er zuzeiten der klugen Kpfe in seiner Umgebung berdrssig war, die stets danach strebten, mit seinem Scharfsinn Schritt zu halten.

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Óòðà÷åííîå âåêà òîìó íàçàä çíàíèå. Ìîãóùåñòâåííàÿ äðåâíÿÿ ñèëà. Òàèíñòâåííûé ãðèìóàð, ïëàìÿ ñâå÷åé è...
Ýòîò òåêñò – ñîêðàùåííàÿ âåðñèÿ êíèãè Êåððè Ïàòòåðñîí, Äæîçåôà Ãðýííè, Ðîíà Ìàêìèëëàíà, Ýëà Ñâèòöëåð...
Ýòîò òåêñò – ñîêðàùåííàÿ âåðñèÿ êíèãè Ìàðêà Ôîðñòåðà «Ñäåëàé ýòî çàâòðà è äðóãèå ñåêðåòû óïðàâëåíèÿ ...
Ó Ìàðóñè ïî-ïðåæíåìó åñòü ìåòëà, ìóäðàÿ ïðàáàáóøêà, ïûëü è ðûæàÿ, êóäðÿâàÿ øåâåëþðà. Íî òåïåðü ó íåå...
Ìîé ìîëîäîé ñîæèòåëü òðåáóåò îò ìåíÿ íåâîçìîæíîãî â ñåêñå. È ÿ èç êîæè âîí ëåçó, ëèøü áû óäîâëåòâîðè...